Goldgräberstimmung an der Goitzsche Goldgräberstimmung an der Goitzsche : Bernstein in Bitterfeld

Pouch - An der Goitzsche herrscht Goldgräberstimmung. Das aus Rheinland-Pfalz stammende Unternehmen „Eurasia Amber“ hat gestern mit dem Versuch begonnen, Bernsteine vom Seeboden zu fördern. „Bis Ende März wollen wir schauen, ob das möglich ist“, sagt Geschäftsführer Hans-Werner Müller. Dafür hat man einen Ponton mit technischen Geräten auf der Goitzsche verankert.
„Von dort aus gehen die Spezialtaucher ins Wasser. Sie haben eine Pumpe bei sich, die über einen Schlauch mit einer Resonanzsiebmaschine ausgestattet ist.“ Einfach ausgerückt: Das Prinzip ist mit einem Staubsauger vergleichbar. Die Taucher saugen den Schluff - also den Feinboden - in einer Wassertiefe von 25 Metern auf. Auf der schwimmenden Arbeitsinsel wird das Material vorgesiebt und dann an Land genauer untersucht. 50 bis 80 Gramm Bernstein könnten pro Kubikmeter dann ans Tageslicht kommen, sagt Carsten Gröhn vom geologisch-paläontologischen Institut der Universität Hamburg.
Im Baumharz eingeschlossen
Bis zu 24 Millionen Jahre ist der Bitterfelder Bernstein alt. Aus den Stämmen der Bäume in den Wäldern Mitteldeutschlands tropfte das Harz, das über viele Jahrtausende versteinerte. Das Baumharz wurde zu einer Falle für Insekten, auch Pflanzenteile wurden eingeschlossen. Diese Inklusen verraten viel über Fauna und Flora der damaligen Zeit. „Daher haben wir auch ein besonderes wissenschaftliches Interesse an möglichen Funden.“ Die Hoffnung des Teams, das Gold der Goitzsche „im einzigen Bernsteinsee der Welt“ zu bergen, hängt mit der Bergbaugeschichte der Region zusammen.
400 Tonnen Bernstein
Vor 40 Jahren hatte in dem Tagebau zwischen Mühlbeck, Pouch und Bitterfeld die Bernsteinförderung begonnen. Bis 1990 wurden 400 Tonnen verkaufsfähiger Bernstein herausgeholt und unter anderem an den VEB Ostseeschmuck Ribnitz-Damgarten vertrieben. Und: Nach Schätzungen von René Bär, der die Bernsteinförderung zu DDR-Zeiten fotografisch dokumentierte, könnten noch bis zu 950 Tonnen verkaufsfähiger Bernstein vorhanden sein. Dieser liegt seit 2002 allerdings tief unter Wasser.
Aber soll der nun komplett gefördert werden? „Nein“, sagt Ingo Jung. Der Geschäftsführer der Goitzsche Tourismusgesellschaft hat den Bernsteintauchern erlaubt, im See diesen „Feldversuch“ zu unternehmen. „Wir wollen also zunächst prüfen, ob man mit einem ökologisch sauberen Verfahren, also ohne Verunreinigungen, die Schmucksteine aus fossilem Harz herausholen kann.“
Attraktion für Touristen
Sollte dies gelingen, dann könne man über eine „Bernstein-Manufaktur“ nachdenken. „300 bis 500 Kilogramm im Jahr würden dafür schon reichen.“ Für seine Gesellschaft stehe dabei nicht der gewerbliche, sondern der touristische Aspekt im Vordergrund. „Der Bernstein ist mit der Geschichte der Region eng verbunden. Sollte es gelingen, ihn vor Ort zu fördern und dann auch noch zu verarbeiten, dann wäre das natürlich ein Höhepunkt.“ Daher ist in Bitterfeld auch ein Bernstein-Museum geplant. Der Name des Konzept: „Bernstein erleben.“ (mz)