Geschichte aus erster Hand
BITTERFELD/MZ. - 23 Autoren und ehemalige Betriebsangehörige des "Industrie- und Kraftwerksrohrleistungsbau, Leitbetrieb" (IKRL) haben auf mehr als 450 Seiten eben jene Geschichten aufgeschrieben, die den Rohrleitungsbau in der Region und als "Zentrum" in der ehemaligen DDR groß gemacht haben - angefangen bei der Lehrausbildung bis hin zu den technischen Entwicklungen. Auch Jörg Spann, Reinhard Thiel und Ernst Kinzel steuern einzelne Kapitel bei. Alle drei haben im IKRL gelernt und gearbeitet, alle drei sind im Vorstand des Vereins. Der Vorsitzende, Jörg Spann, benennt einige Besonderheiten des Buches. "Uns war zum einen wichtig, dass die Zeitzeugen hier publizieren", sagt er, "also diejenigen, die die Geschichte des Rohrleitungsbau und des Betriebes auch selbst erlebt haben." Zum zweiten werde diese Geschichte auch in den gesellschaftlichen, politischen und technischen Kontext der damaligen Zeit eingeordnet. Mit dem Buch erhofft man sich dann auch, eine Vielzahl von Menschen anzusprechen.
"Etwa die ehemaligen Betriebsangehörigen", meint Thiel. 4 000 waren es allein in Bitterfeld gewesen, 6 000 etwa in der Lausitz. "Wir wollten aber auch der Nachwelt zeigen, dass es hier neben der Chemie und der Braunkohle einen dritten Industriezweig gab", erzählt er weiter. Aber auch für Geschichts- und Technikinteressierte sei das Buch sehr aufschlussreich.
Dass aber auch dem Laien interessante Anekdoten erwarten, wird schnell klar, wenn die drei Vereinsmitglieder aus dem Nähkästchen plaudern. "Als Monteur hat man beispielsweise an den Trassen im Ausland mitgearbeitet", sagt Kinzel, "als Betrieb lebten wir ja von der Montage der Rohrleitungen." Dies hatte zur Folge, dass man häufig weg von der Familie war, erinnert er sich.
"Aber auf der anderen Seite konnte man seinen Freiheitsdrang ausleben", betont Thiel. "Uns wurden Mobilität und Flexibilität schon damals abverlangt", so Spann. Deutlich wird dies, wenn man sich folgendes vergegenwärtigt: So war der Betrieb IKRL nach Vereinsangaben am Aufbau von fast allen Kraftwerken und Industrieanlagen der DDR beteiligt. Auch als Zulieferer im Anlagenexport und beim Bau der Erdgasleitungen in der Sowjetunion spielte er eine wichtige Rolle. Vor Ort - also in Bitterfeld - war der Betrieb im Vergleich zu anderen eher unauffällig, da 70 Prozent der Beschäftigten nicht in der Region wohnten und auf den etwa 55 in- und ausländischen Baustellen arbeiteten.
Das Buch "Die Geschichte des Rohrleitungsbaus im Raum Bitterfeld" wird am 30. September im Hotel Ambassador in Bitterfeld vorgestellt. Beginn ist 18 Uhr.