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Geburtstagskind Geburtstagskind: Mit 90 noch bienenfleißig

Von Ute Otto 13.06.2003, 15:27

Pretzsch/MZ. - Der Rentner aus Pretzsch ist Vorsitzender des Allgemeinen Landes-Imkerverbandes Sachsen-Anhalt e.V. und des Pretzscher Imkervereins. Und er feiert am Samstag seinen 90. Geburtstag. Von wegen nicht los lassen können: "Wer soll es denn machen? Die jungen Leute sind doch alle voll berufstätig!", erklärt Stier, warum sich bislang kein Nachfolger gefunden hat. Er sehe das ja an seinen eigenen vier Töchtern und Schwiegersöhnen.

Verwaltungskram ja - und zwar am Computer - aber von den Bienen lässt er seit etwa drei Jahren die Finger. So beweglich ist er nämlich nicht mehr. Nicht dass er Schmerzen habe, aber seine Beine wollen ihn nicht mehr so recht tragen. Weshalb er - und das lässt er sich selbst vom Arzt nicht ausreden - demnächst wieder unbedingt nach Ungarn ins Thermalbad will. Bis vor drei Jahren hat ihn seine Frau, mittlerweile auch 82 Jahre alt, dafür noch bis in die Puszta chauffiert. Jetzt fahren sie mit den Kindern und nicht mehr ganz so weit.

Buchhalter hat Johannes Stier gelernt und war nach dem Krieg Mitinhaber des Pelz- und Damenkonfektionsbetriebs "Rilk & Stier", später VEB Bekleidungswerk. "Bis zu 120 Beschäftigte haben wir gehabt", erzählt er. Von einem Tag auf den anderen wurde er 1952 enteignet und wegen angeblicher Pelzschiebereien verhaftet und für drei Jahre eingesperrt. 600 000 Mark habe die Bilanz ausgewiesen, als ihm der Betrieb weggenommen wurde. Als es nach der Wende um die Rückgabe ging, sei nichts mehr da gewesen. "Die haben alles runter gewirtschaftet."

Die Bienen hat er quasi mit seiner Frau geheiratet. Zehn Völker hat der Schwiegervater dem jungen Paar als Startkapital geschenkt. In der Spitze brachten sie es auf 412 Völker. Es war, erzählt seine Frau, in der DDR ein einträglicher Nebenerwerb, aber auch viel Arbeit. Dabei ist Johannes Stier nach eigenem Bekunden so ein großer Honig-Fan gar nicht. Sein Lebenselexier ist die Arbeit.