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Galerie am Ratswall Galerie am Ratswall: Ungeplante Herausforderung in Bitterfeld

Von christine Krüger 16.07.2013, 17:12
Regina Becher (l.) verlässt nach elf Jahren das Team der Galerie am Ratswall Richtung Ruhestand, Silvia Bier übernimmt jetzt ihre Aufgaben.
Regina Becher (l.) verlässt nach elf Jahren das Team der Galerie am Ratswall Richtung Ruhestand, Silvia Bier übernimmt jetzt ihre Aufgaben. André Kehrer Lizenz

Bitterfeld/MZ - Die abenteuerlichen Stufen, die aus der Galerie am Ratswall zur ebenen Erde führen, könnte sie wohl im Schlaf nehmen. Denn elf Jahre lang ist Regina Becher die hinauf- und hinabgestiegen und hat so Zeit gehabt, sich an das wirklich Gewöhnungsbedürftige zu gewöhnen. Jetzt ist Schluss damit. Nur wenn sie will, geht sie da noch drüber.

Regina Becher, die Frau mit den kess und kurz geschnittenen blonden Haaren, die wohl jeder mit den Galerie-Konzerten in Verbindung bringt, ist jetzt nämlich im Ruhestand. Doch so ganz loslassen von der Galerie will sie nicht. „Ich werde immer mal kommen, gucken, was es Neues gibt. Und natürlich die Veranstaltungen besuchen“, meint sie. Die - zumindest die Konzerte - hat jetzt Nachfolgerin Silvia Bier in ihrer Verantwortung. Und sie will die Reihe so fortführen, wie Rosmarie Tischer sie ins Leben gerufen und Regina Becher weitergeführt hat - von Klassik bis Folk spannt sich der musikalische Bogen. „Ich will noch Kabarett einfügen“, sagt Silvia Bier. „Jeder hat seinen Stil. Aber alles in allem kann man ja das Rad nicht neu erfinden.“

Die Verwaltungsfachangestellte, die im Landratsamt gelernt und auch immer dort gearbeitet hat, freut sich über den Schritt in die neue Welt der Kunst, den sie jetzt gegangen ist. Natürlich gehört mehr dazu als Konzerte zu organisieren. Auch verschiedene andere Veranstaltungen stehen im Plan - zum Beispiel jetzt gleich die „Kunstwelten“ für die Schüler, Gesprächsrunden und anderes. Da geht es auch um Versicherungen für die Kunst, die ausgestellt wird, und darum, mit dem Geld, das der Galerie zur Verfügung steht, über die Runden zu kommen.

"Das hing wie ein Damoklesschwert über uns"

Das ist, wie Regina Becher weiß, nicht eben leicht. Sie winkt ab. Weil sie immer noch die unsäglichen Diskussionen im Ohr hat, bei denen es um die Zukunft der Galerie ging. „Das hing wie ein Damoklesschwert über uns“, meint sie. „Ach, wir haben hier alle gut Hand in Hand gearbeitet, keine großen Pleiten erlebt und mehrere Vorgesetzte überlebt.“

Regina Becher lacht, für sie scheint es kaum Probleme zu geben, die sich nicht couragiert lösen lassen. Und so ist die einstige Kindergärtnerin damals über den Umweg Jugendamt auch zur Galerie gekommen. Bis 2002 war sie beim Landkreis für die Kita-Landschaft zuständig. „Dann war die Stelle hier ausgeschrieben. Das hat mich interessiert. Man lernt interessante Leute kennen, außerdem habe ich Spaß am Organisieren. Und das ist ja insgesamt auch ein schönes Thema“, sagt sie.

Genau das hat auch Silvia Bier gereizt. Von der Kämmerei in die Galerie - das bedeutet auch, sich immer wieder auf neue Leute einzustellen, mit flexiblen Arbeitszeiten zurecht zu kommen, sich von Ungeplantem nicht kirre machen zu lassen, bei Ausstellungen mit zuzupacken. Genau das sei das Schöne, sagt Silvia Bier.

Und was die Ausstellungen angeht, da können Regina Becher und Galerist Ralph Becker manche Episode beisteuern. „In Erinnerung sind vor allem die geblieben, die die meiste Arbeit gemacht haben“, meint Regina Becher und lehnt sich lachend im Stuhl zurück. Für eine Ausstellung des Freitaler Künstlers Wolfgang Petrovsky beispielsweise mussten sie schnell noch Schutt ranfahren aus Wolfen. Mit dem Berliner Künstler Hannes Forster, der raumgreifende Plastiken aus Ziegelsteinen schuf, haben sie Steine geschleppt und sogar mit gemauert. „Bei 30 Grad Hitze draußen“, verdeutlicht sie und fährt sich mit dem Handrücken über die Stirn. Auch die Ausstellung des Berliners Achim Borsdorf mit seinen gewaltigen Skulpturen wird sie nie vergessen. „Der ist mit seinem kleinen Gabelstapler hier drin rumgekurvt. Ein Pendel musste an eine Säule montiert werden. Das Ding wog zwei Tonnen. Oh Gott, uns ist heiß und kalt geworden. Aber es sah top aus“, erzählt sie.

"Der ist mit seinem kleinen Gabelstapler hier drin rumgekurvt."

Auch von den Musikern und ihren Konzerten hat sie sich all die Jahre immer wieder neu begeistern lassen. Welches von den vielen Konzerten, die sie organisiert hat, für sie das schönste war, kann sie gar nicht sagen. „Jedes hatte was - ob die Wiener Künstler gespielt haben oder die Musiker des MDR, Frau Masur oder andere - es war immer toll. Und das sind ja alles Profis, was die machen, das sitzt. Das merkt man“, sagt Regina Becher.

Das Galerie-Publikum, glaubt auch Silvia Bier, ist wohl ganz schön verwöhnt. Sie weiß, worauf sie sich da einlässt.