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Galerie am Ratswall in Bitterfeld Galerie am Ratswall in Bitterfeld: Bernd Hahns Bilder zaubern Melodien

Von Christine Färber 26.02.2016, 21:25
Noch bis zum 15. April sind die Arbeiten des 2011 mit nur 57 Jahren verstorbenen Dresdner Malers und Grafikers Bernd Hahn in der Galerie am Ratswall in Bitterfeld zu sehen.
Noch bis zum 15. April sind die Arbeiten des 2011 mit nur 57 Jahren verstorbenen Dresdner Malers und Grafikers Bernd Hahn in der Galerie am Ratswall in Bitterfeld zu sehen. André Kehrer

Bitterfeld - Analytische, nachdenkliche Worte und so viele leichte, heitere, dass es eine Freude ist, hat Manfred Seifert, Jugendfreund des Dresdner Künstlers Bernd Hahn für dessen Werk gefunden. Die Bilder des 2011 mit nur 57 Jahren verstorbenen Malers sind derzeit in der Bitterfelder Galerie am Ratswall zu sehen.

Seifert ist davon überzeugt, dass Hahns Bilder die Leute irritieren - nach dem Motto: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Um Himmels Willen, möchte man rufen, nicht weg! Denn auch wer kein Freund des Abstrakten ist, muss zugeben, dass Hahns Kunst etwas Leichtes, Schönes, ja, auch Fröhlich-Verrücktes hat. Und für Wolfgang Petrovsky, Maler aus Freital, der Hahn als einen „stillen, noblen Künstler“ kannte, hat sie sogar etwas Sinnliches.

„Es entsteht eine Farbpoesie. Das ist keine kalte abstrakte Kunst. Das ist wie eine Komposition, eine Melodie. Zwischen jeder Linie ist Spannung. Das ist wie ein Notenblatt für mich“, sagt er, als er vor dem Öl-Bild „Striche auf Schwarz“ steht. Rote, grüne, weiße Linien unterschiedlicher Stärke vor schwarzem Hintergrund.

Wo, bitteschön, ist hier eine Spannung? Wo entwickelt sich eine Melodie? Für manchen Betrachter liegt das auf der Hand. Manchem wird es sich nicht offenbaren. So ist Hahns Kunst. „Man muss es fühlen“, sagt sein Freund Manfred Seifert. Und genau so ist es, man muss es fühlen und sich darauf einlassen.

Die Linien entführen den Betrachter aus der sichtbaren, greifbaren Wirklichkeit. Dorthin, wo viel Raum ist für Fantasie, für Gefühl. Bernd Hahn gibt dem Gestalt, was Ahnung ist. Zu erklären gibt es da nichts. Genau so ist der Titel der Ausstellung gemeint: „Morphe“ - die alten Griechen übersetzten es mit Gestalt oder Form.

Im April stellt die in Gera geborene und in Dresden arbeitende Künstlerin Elke Hopfe in der Galerie am Ratswall Zeichnungen und Grafiken aus. Ihr folgt Nele Waldert (Düsseldorf), die Plastiken und Objekte zeigt. Im Anschluss daran stellt Regine Conrad aus Berlin Malerei, Grafik und Fotografie aus.

Musikalische und literarische Veranstaltungen laufen parallel zu den Ausstellungen. So gibt es am 6. März ab 15 Uhr eine Lesung heiterer Gedichte, besinnlicher Episoden und Erzählungen von Christel Ohmes und Rolf Wendel. Am 16. März um 19 Uhr erklingt das 229. Galeriekonzert. Zu hören ist das Duo Liaison mit dem Programm „Fremde Federn“. Und schließlich wird Schauspielerin Marina Erdmann am 6. April um 19 Uhr ihre Lesung von Erzählungen und bunten Geschichten beginnen.

Und diese Gestalten oder Formen sind zumeist geometrisch. Oftmals auf einem Untergrund, der unruhig, wirr, wie leicht dahingekritzelt wirkt, entfaltet sich eine Form, die ruhig ist und klar. Und schön farbig.

Auch seine Ölbilder, die er energisch und kraftvoll mit dem Pinsel und dem Spachtel erarbeitet hat, in denen hier und da wie zufällig - und vielleicht ist es ja auch wirklich so ganz zufällig - die Untergrundfarbe hervorblitzt, reihen sich da ein: Man guckt noch mal hin und noch mal - vielleicht hat man ja was übersehen. Oder sieht plötzlich etwas Neues.

Es sind Bilder der Art, über die man oft hört: Das kann ich auch. Darauf hat Seifert die wohl schönste Antwort: „Natürlich, du kannst das vielleicht. Aber du hast es nicht gesehen. Und weil du es nicht gesehen hast, hast du es nicht gekonnt.“

Bernd Hahn gehört zu den wichtigsten zeitgenössischen Künstlern in Dresden. Geboren 1954 in Neustadt (Sachsen) gleicht seine Biografie der mehrerer Künstler in der DDR: Baufacharbeiter mit Abi, Studium der Malerei und Grafik (an der Hochschule für Bildende Künste Dresden), Friedhofsarbeiter, freischaffend. Nach der Wende endlich wird es anders. 1994 erhält er ein Stipendium der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo. Das ist quasi das hohe C. Denn das richtet sich ausschließlich an junge Künstler - Literaten, Musiker, Architekten, Bildende Künstler -, die außergewöhnliche Qualifikationen und großes Talent haben.

Zum ersten Mal ist Hahns Witwe, Barbara Hahn, in Bitterfeld. Um seine Ausstellung zu begleiten, bei der Eröffnung dabei zu sein. „Ich bin begeistert“, sagt sie, „dass sich der Landkreis das leistet. Ich freue mich sehr.“ Und, meint sie, und das vor allem ist ein Lob an Galerist Ralph Becker: „Er hat die Bilder ganz souverän rausgesucht.“ Und in den Raum gehängt. „Brillant“ nennt es Wolfgang Petrovsky. „Die Bilder können atmen.“ (mz)

„Es entsteht eine Farbpoesie. Das ist keine kalte abstrakte Kunst. Das ist wie eine Komposition, eine Melodie. Zwischen jeder Linie ist Spannung. Das ist wie ein Notenblatt für mich.“
„Es entsteht eine Farbpoesie. Das ist keine kalte abstrakte Kunst. Das ist wie eine Komposition, eine Melodie. Zwischen jeder Linie ist Spannung. Das ist wie ein Notenblatt für mich.“
André Kehrer
Wo, bitteschön, ist hier eine Spannung? Wo entwickelt sich eine Melodie? Für manchen Betrachter liegt das auf der Hand.
Wo, bitteschön, ist hier eine Spannung? Wo entwickelt sich eine Melodie? Für manchen Betrachter liegt das auf der Hand.
André Kehrer