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Förderverein Anhaltschule fordert Günther Jauch heraus Förderverein Anhaltschule fordert Günther Jauch heraus: Das sagen die Schüler zum Video

Von Christine Färber 11.04.2016, 20:04
Sie sind die   Stars des Videos:  Florian, Lili, Estephan, Leni, Aras, Rauda (stehend), Lea, Wim, Niklas und Lion.
Sie sind die   Stars des Videos:  Florian, Lili, Estephan, Leni, Aras, Rauda (stehend), Lea, Wim, Niklas und Lion. Thomas Ruttke

Bitterfeld - Oh, Günther Jauch, da wird es eng. Oder? Jetzt drehen Kinder der Anhaltschule Bitterfeld den Wer-wird-Millionär-Spieß nämlich mal um: Wie heißt dieser See, wie dieses alte Segelschiff, wie dieser Turm und wie dieser wunderbare stählerne Bogen? Das fragen sie in einem Video, das der Förderverein Anhaltschule produziert hat. Und das schlägt ein wie eine Bombe: 76.000 Mal wurde es seit Sonnabend im Netz angeklickt, 35.000 Mal aufgerufen und 1.000 Mal geteilt!

See, Segler, Turm und Bogen - die gehören zu ihrer Heimatstadt. Und sie zeugen von einem wunderbaren, gründlichen - ja, auch schmerzhaften - Wandel, den diese Stadt in den vergangenen 26 Jahren vollzogen hat. Ach so - nein, eine Genehmigung vom Bundesumweltamt braucht der Individualtourist nicht für einen Ausflug nach Bitterfeld. Soviel zur Frage von Günther Jauch in seiner Sendung im März. Dass Bitterfeld überhaupt als Antwort vorgegeben war und der Kandidat die Stadt daraufhin mit Tschernobyl verglich, hatte für Empörung gesorgt. Lion Appelt aus der vierten Klasse lacht und verrät: „Der ersten Satz, den ich sage, ist der coolste: ,Der Bogen ist überspannt.’ Das stimmt nämlich.“

Etwas für die Region tun

Und das finden die Mitglieder des Fördervereins auch. Im Plaudern nach einer anstrengenden Sitzung entsteht manchmal eine Idee. Die zum Beispiel: Man könnte doch Jauch mal einladen und ihm zeigen, wie es hier wirklich aussieht. Und vielleicht könnten sie echt das Millionärsspiel mit ihm spielen. Vielleicht würde sogar etwas Geld für ein Schul-Projekt herausspringen. Vielleicht. Wichtig aber ist ihnen das: „Wir wollen was für die Region tun. Denn die Leute, die jahrelang mit den Abgasen der Chemie und dem Dreck der Kohle gelebt haben und was Neues daraus geschaffen haben, die haben das nicht verdient“, sagt Heike Lohrengel, Schulleiterin und Vorstandsmitglied des Fördervereins.

Das Video übrigens haben sie selbstverständlich sofort an die Redaktion von RTL geschickt. Eine Antwort kam allerdings noch nicht. Aber auch, wenn keine kommt - todtraurig macht sie das nicht. Denn allein das Video zu drehen, hat ihnen unheimlichen Spaß gemacht. Für Aras aus Syrien zum Beispiel, der zu den rund 50 Migranten in der Anhaltschule gehört und der super Deutsch spricht, ist jetzt völlig klar: „Ich will Schauspieler werden.“ Das Zeug dazu haben die anderen natürlich auch - das stellen sie schließlich fröhlich an den Drehorten unter Beweis. Sogar mit Höhenangst. Doch: vergessen. „Vom Bogen hat man die schönste Aussicht“, sagt Leni Zjaba heute und hüpft leichtfüßig über den Schulflur.

Spaß im Vordergrund

Lehrerin und Fördervereinsmitglied Kerstin Masslich muss lachen, wenn sie an all die schönen Episoden, Versprecher, Zufälle und Aufgeregtheiten denkt. Wenn aus „Ostsee“ plötzlich „Goitzschesee“ wird oder der Name „Santa Maria“ partout nicht über die Lippen kommen will. „Die Kidis sind so stolz. Das ganze Ding hat so einen Drive genommen“, sagt sie glücklich. „Wir haben einen ganzen Sonnabend gedreht. Und wenn es kein Erfolg wird, haben wir uns gesagt, dann hatten wir wenigstens einen schönen Tag.“ Videoexperte übrigens ist Torsten Röhr, Vater einer ehemaligen Anhalt-Schülerin.

Nun ist es ein Erfolg und einer, der weit über die Region hinausstrahlt. Bitterfeld, das zeigen die Schüler gründlich, ist keine Stadt in Schutt, Schmutz und Asche. Freilich, sie hat noch aufzuholen. Und an Rothenburg ob der Tauber wird sie nie heranreichen. Dafür erzählt sie ehrlich ihre Geschichte, die von Industrie handelt und von Erfindungen, von Menschen, die hart arbeiten und mitdenken und auch von jenen, die das nicht tun.

Florian, Lili, Leni, Lea, Estephan, Aras, Rauda, Wim, Niklas, Lion und all die anderen Schüler jedenfalls wissen eins: Sie leben gern hier, in ihrer Stadt. Soviel zur Frage nach einer Genehmigung vom Bundesumweltamt für die Einreise nach Bitterfeld. (mz)

Cool, klug und ausgesprochen witzig: Lion Appelt hat alles im Griff.
Cool, klug und ausgesprochen witzig: Lion Appelt hat alles im Griff.
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