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Fliegt er aus Wohnung? Fliegt er aus Wohnung?: Bitterfelder hat die Miete gemindert und sieht sich im Recht

Von Stefan Schröter 14.10.2018, 12:00
Norbert Ditsche lebt seit 40 Jahren in der Bitterfelder Wohnung. Aufgrund des Zustands hat er die Miete reduziert.
Norbert Ditsche lebt seit 40 Jahren in der Bitterfelder Wohnung. Aufgrund des Zustands hat er die Miete reduziert. André Kehrer

Bitterfeld - Wird dieser Streit der letzte sein zwischen dem Bitterfelder Norbert Ditsche und der Wohnstättengenossenschaft (WSG) Bitterfeld-Wolfen? Gegen den 74-jährigen Mieter läuft ein Verfahren am Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen. Sein Vermieter hat ihm fristlos gekündigt. Ditsche hatte zuvor wegen des schlechten Zustands seiner Wohnung die Miete gemindert. Aus Sicht der WSG ist das aber zu Unrecht geschehen, sie fordert unter anderem 1.700 Euro an Mietrückständen und hat daher eine Räumungsklage angestrengt.

Der Rentner und sein Vermieter hatten sich bereits 2017 vor Gericht getroffen – wegen einer Mieterhöhung. Damals konnte Ditsche der WSG zumindest einen Vergleich abringen. Zwar stieg seine Miete an, die WSG musste aber in der Höhe Abstriche machen: Die Kaltmiete kletterte lediglich auf 300 Euro statt auf die vom Vermieter anvisierten 309 Euro.

Laut WSG ist Mieter Ditsche selbst für Schönheitsreparaturen zuständig

Ditsche lehnte die Mieterhöhung damals ab aufgrund des hohen Renovierungsbedarfs der Wohnung. Die gleichen Beweggründe also wie heute. Seine Erfolgsaussichten scheinen dieses Mal schlechter als 2017. Matthias Paterok, heute wie damals der zuständige Richter, sagte am Mittwoch bei der Verhandlung: „Sie empfinden das Mietverhältnis als verkorkst. Der Klägerin dürfte es womöglich schwerfallen, ihre Wünsche irgendwann zufriedenzustellen.“ Der Richter fragte Ditsche sogar, warum er nicht ausziehe. Der Mieter lehnte ab: „Warum soll ich ausziehen? Ich will drinbleiben.“

Ditsche sieht sich im Recht. Seiner Meinung nach hätte die WSG längst Renovierungen in der Wohnung durchführen müssen. Dort sind Teile der Tapete von der Wand entfernt, die Spuren von früheren Sanierungen dadurch noch sichtbar. Ein Versäumnis aus Sicht von Ditsche.

Er fordert ein externes Gutachten. Die WSG sieht für die Beseitigung aber den Mieter in der Pflicht. Laut Anwalt Christian Götschel ist Ditsche selbst für Schönheitsreparaturen zuständig. Das lege sein Mietvertrag fest, meinte Götschel auf MZ-Nachfrage.

„Den Versuch einer einvernehmlichen Lösung können wir zu den Akten legen“

Richter Matthias Paterok warf dem Beklagten vor, dass er seit 1993 gar keine Schönheitsreparaturen in der Wohnung geduldet habe. Der Mieter brach daraufhin in Lachen aus. „Ei, das gibt’s doch gar nicht.“ Dessen Rechtsanwalt André Höhne blieb auf Richternachfrage auch dabei, dass eine richterliche Entscheidung herbeigeführt werden soll. „Den Versuch einer einvernehmlichen Lösung können wir zu den Akten legen“, hielt Richter Paterok anschließend fest. Für den 7. November ist eine mündliche Entscheidung angekündigt. Ein Urteil dürfte noch nicht fallen.

Zuvor wird Ditsches Anwalt dem Richter noch einmal schriftlich erläutern, welche Mängel beseitigt werden müssten, damit sein Mandant die volle Miete zahlt. Womöglich erhält dann auch noch einmal die WSG Gelegenheit zur Stellungnahme. „Wir müssen abwarten, wie das Gericht entscheidet“, sagte Anwalt Götschel nach dem Prozess.

Eine Tendenz ließ Matthias Paterok am Mittwoch durchblicken. Würde Norbert Ditsche das Verfahren aber verlieren, drohen ihm vierstellige Kosten inklusive einer Nachzahlung. Außerdem müsste er sich in einem sozialverträglichen Zeitraum eine neue Wohnung suchen. (mz)