Landkreis Anhalt-Bitterfeld setzt sich durch Ferienhäuser mit Blick auf die Goitzsche: Verwaltungsgericht Halle untersagt Ehepaar das Dauerwohnen
Das Verwaltungsgericht Halle hat das Begehren eines Ehepaars zurückgewiesen, das gegen Entscheidung des Landkreises geklagt hatte. Dieser hatte das Dauerwohnen in einer Ferienwohnung untersagt. Wie das Gericht argumentiert. Was das nun für andere Betroffene bedeuten könnte.

Pouch/MZ. - Wohnen am Wasser ist beliebt. Auch und gerade an der Goitzsche, wo in Pouch und Mühlbeck gleich Dutzende Häuser entstanden. Nur gibt es ein Problem: Sie liegen fast allesamt in Sondernutzungsgebieten. Laut Flächennutzungs- und dem jeweiligen Bebauungsplan sind sie ausschließlich als Ferienwohnobjekte zugelassen. Im Klartext: Dauerwohnen ist Tabu, möglich ist allerdings die ganzjährige Nutzung durch einen wechselnden Personenkreis.
Darauf hat das Verwaltungsgericht in Halle verwiesen und die Klage eines Ehepaars abgewiesen, die sich gegen eine Nutzungsuntersagungsverfügung des Landkreises Anhalt-Bitterfeld wehrten.
Der Landkreis hatte die Nutzungsuntersagung erlassen, nachdem Anzeigen eingegangen waren, dass Ferienwohnungen im Gebiet entgegen dem Bebauungsplan dauerhaft bewohnt wurden.
Die Kläger argumentierten, dass das Dauerwohnen geduldet worden sei und dass sie nicht gewusst hätten, dass die Wohnung nicht für eine dauerhafte Nutzung freigegeben war. Außerdem hätten sie ihren Lebensmittelpunkt nicht dort gehabt, da der Kläger beruflich viel unterwegs sei.
Das Gericht entschied jedoch, dass die Nutzung der Ferienwohnung als Dauerwohnsitz den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht und die Nutzungsuntersagung rechtmäßig ist.
Landkreis Anhalt-Bitterfeld sieht Urteil vom Verwaltungsgericht Halle als Bestätigung seiner Rechtsauffassung
Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld sieht das Urteil als Bestätigung seiner Rechtsauffassung und der durchgeführten Maßnahmen. „Das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle wird durch den Landkreis Anhalt-Bitterfeld als Bestätigung der eigenen Rechtsauffassung und der durchgeführten Maßnahmen bewertet“, antwortet Pressesprecherin Jana Müller auf MZ-Anfrage.
„Das Urteil zeigt, dass die bauaufsichtliche Verfügung rechtlich korrekt und angemessen war. Dies stärkt das Vertrauen in die eigenen Entscheidungen und die Rechtsgrundlage, auf der diese basieren.“
Das Urteil diene zudem als Präzedenzfall für ähnliche Fälle. „Es zeigt, dass der Landkreis Anhalt-Bitterfeld in der Lage ist, seine Vorschriften durchzusetzen und dass diese vor Gericht Bestand haben.“ Müller bekräftigt, dass die Kreisverwaltung nun konsequent gegen weitere Dauerbewohner im Feriengebiet vorgehen wolle, machte aber keine Angaben zu konkreten Plänen. „Der Landkreis hat die Möglichkeit, gegenüber den verbleibenden Dauerbewohnern durch bauaufsichtliche Verfügungen Nutzungsuntersagungen anordnen und eine Frist zu setzen, innerhalb derer sie die Dauerwohnnutzung in dem Ferienhausgebiet einstellen müssen.“
Problem des Dauerwohnens schwelt auch in anderen Orten rund um die Goitzsche
Unabhängig von der jüngsten gerichtlichen Auseinandersetzung schwelt das Problem Dauerwohnen weiter. Allein in Pouch sollen im Bereich Schlossterrassen derzeit bis zu 50 Personen dauerhaft gemeldet sein. Ein Fakt, den Muldestausee-Bürgermeister Ferid Giebler (parteilos) bestätigt. In Mühlbeck kommen dutzende Personen hinzu. Sie leben in Mehrfamilienhäusern und Bungalows mit Blick auf den See. Ein Problem. Denn auch hier ist Dauerwohnen laut Bebauungsplänen nicht vorgesehen, Freizeit und Erholung haben Vorrang.

Nur: Wie soll das Problem gelöst werden? Vor Jahren schon hatte der Landkreis in einer Anhörung ermittelt, wer wie am Wasser lebt. Fortan schwebte ein Damoklesschwert über dem Goitzsche-Ufer. Doch hilft die Forderung nach Auszug?
„Wir haben gerade in Mühlbeck auch viele ältere Leute aus der Gemeinde, die sich für den Lebensabend für eine Wohnung am Wasser entschieden haben“, sagt Bürgermeister Giebler. Gewohnt wird also unerlaubt dauerhaft. Allerdings musste bisher niemand von Amts wegen ausziehen. Aktionen des Landkreises liegen auf Eis.
Änderung der Flächennutzungs- und Bebauungspläne: Mühlbeck arbeitet an einvernehmlicher Lösung
Es ist indes gut möglich, dass in Mühlbeck sehr bald eine Lösung gefunden wird. Im Einvernehmen mit dem Ortschaftsrat wird in kommunalen Gremien und abschließend im Muldestausee-Gemeinderat über eine Änderung des Flächennutzungs- und der jeweiligen Bebauungspläne beraten.
Dass eine angestrebte Änderung von Sondergebieten für Freizeit und Erholung in Wohnbauflächen Folgen hat, liegt auf der Hand. „Wir müssen uns an die Vorgaben der Raumordnung halten. Wenn wir an einer Stelle wachsen, muss an anderer gespart werden“, so Giebler. Zuletzt wurden für Bebauung vorgesehene Gebiete in Krina und Schlaitz planungsrechtlich wieder in Grünflächen umgewandelt.

Ein enger Kontakt mit den zuständigen Landesbehörden besteht und scheint den Mühlbeckern zu helfen. Bleibt das Problem Pouch, wo im Ortschaftsrat bisher deutlich gegen das Dauerwohnen am Wasser, insbesondere im Bereich der für Freizeit und Erholung vorgesehenen Schlossterrassen argumentiert wird.
Auch, weil es mit dem Schloss, der alten Schule oder dem Baugebiet in der Fischergasse ausreichend Platz für Dauerwohnen in Wassernähe gibt. Ein wesentliches Argument kommt hinzu. Am Wasser sind bis zu 160 Ferienwohneinheiten möglich.
„Würden die alle zu Dauerwohnflächen umgewandelt, könnten wir wenigstens zehn Jahre lang an keiner anderen Stelle in der Gemeinde Flächen für die Bebauung ausweisen – nicht in Burgkemnitz und auch nicht in Schlaitz“, betont der Bürgermeister.