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Fabrik mit Potenzial Fabrik mit Potenzial: Batteriewerk in Bitterfeld-Wolfen könnte zur Super-Fabrik werden

Von Tilo Krippendorf 02.09.2019, 12:52
Links und rechts des Kreisverkehrs im Vordergrund soll die Batteriefabrik im Technologiepark Mitteldeutschland entstehen.
Links und rechts des Kreisverkehrs im Vordergrund soll die Batteriefabrik im Technologiepark Mitteldeutschland entstehen. André Kehrer

Bitterfeld-Wolfen - Die geplante Batteriezellenfabrik in Bitterfeld-Wolfen könnte wesentlich größer werden, als bisher gedacht. Wie der Investor Farasis Europe GmbH bei einer gut besuchten Informationsveranstaltung im Kulturhaus Wolfen am Donnerstagabend mitteilte, seien verschiede Ausbaustufen möglich - bis hin zu einer Vervierfachung der Produktion.

Zunächst sollen Batteriezellen mit einer Gesamtleistung von zehn Gigawattstunden für Fahrzeughersteller produziert werden, damit könnten rund 100.000 Mittelklassewagen mit Batterien ausgerüstet werden.

Dafür will Farasis 600 Millionen Euro investieren und 600 Arbeitsplätze schaffen. Langfristig sei die Produktion von bis zu 40 Gigawattstunden Batteriezellen möglich, erklärte Maik Cordes, der Leiter für Geschäftsentwicklung und Vertrieb bei Farasis.

Gesamtinvestitionen könnte die Milliarden-Euro-Grenze überschreiten

Nach MZ-Informationen könnten die Gesamtinvestitionen so die Milliarden-Euro-Grenze überschreiten und die Zahl der Arbeitsplätze in dem Werk rund 2.000 betragen. Die Fabrik soll nach derzeitigem Stand ab Februar 2020 im Technologiepark Mitteldeutschland an der Autobahn 9 entstehen. In direkter Nachbarschaft der Solarunternehmen Q-Cells und Solibro.

Geplant ist, in dem Werk so genannte Pouch-Batteriezellen zu produzieren, die beispielsweise auch in Smartphone-Akkus eingesetzt werden. Wenn sie in Batteriesystemen verbunden sind, können die Zellen auch in Elektromobilen wie Roller, Motorräder oder Autos verbaut werden. „Der Bedarf dafür wird in den kommenden Jahren enorm wachsen“, erklärte Cordes.

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums werde im Jahr 2025 allein der europäische Bedarf an Batteriezellen das Doppelte des jetzigen Weltbedarfs betragen. Derzeit werden weltweit Batteriefabriken errichtet, beispielsweise auch im thüringischen Erfurt. Dort baut Farasis-Konkurrent CATL. „Die Konkurrenz ist sehr aktiv“, erklärte Cordes.

Für Farasis wäre das Werk in Bitterfeld-Wolfen das erste in Europa

Für Farasis wäre das Werk in Bitterfeld-Wolfen das erste in Europa. Bisher gibt es zwei Fabriken des US-chinesischen Unternehmens in China. Nach eigenen Angaben steht die Firma weltweit auf Platz zwei bei der Herstellung der Pouch-Zellen für die Elektromobilität. Alle Batteriezellen, die ab 2022 geliefert werden könnten, seien bereits an Fahrzeughersteller verkauft. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass in Bitterfeld-Wolfen weitere Ausbaustufen folgen werden“, erklärte der Entwicklungsleiter.

Jürgen Ude, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium von Sachsen-Anhalt, sagte gegenüber der MZ: „Diese Ansiedlung ist ein echter Glücksgriff und eine der größten Investitionen in der Geschichte des Landes. Neben der Produktion soll hier auch ein Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk entstehen.“

Vorgespräche zu Forschungskooperationen gebe es bereits mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und mit der Hochschule Anhalt. „Mit unseren Studienangeboten im Bereich der Elektrotechnik oder Verfahrenstechnik sind auf jeden Fall enge Kooperationen mit Farasis denkbar und auch gewollt“, erklärte Jörg Bagdahn, der Präsident der Hochschule Anhalt, am Rande der Veranstaltung.

Um die Pläne Realität werden zu lassen, sind allerdings  noch einige Schritte notwendig

Aus Sicht von Stefan Schünemann, dem Vorstandsvorsitzenden von Sachsen-Anhalts Automobil-Netzwerk Mahreg, ist die Ansiedlung der Batteriefabrik ein „massiver Erfolg“ für das Land und den mitteldeutschen Raum. „Der Blick der Automobilindustrie wird sich künftig automatisch mehr auf unsere Region richten“, so Schünemann.

Befürchtungen von Anwohnern, die Batterieproduktion werde einen ähnlichen Weg gehen wie die Solarindustrie, versucht Farasis zu zerstreuen. „Die Solarindustrie ist von hier nach China gegangen, jetzt ist es umgekehrt“, so Cordes.

Um die Pläne Realität werden zu lassen, sind noch einige Schritte notwendig. Unter anderem muss eine Sole-Pipeline, die von Bernburg in den Chemiepark Bitterfeld-Wolfen führt, verlegt werden. Auch müssen noch Grundstücksangelegenheiten geregelt werden. „Da haben wir von allen Besitzern feste Zusagen für einen Verkauf“ sagte Bitterfeld-Wolfens Oberbürgermeister Armin Schenk (CDU). „Die Ansiedlung der Batteriefabrik ist ein großer Erfolg für uns und zeigt, was die Region alles leisten kann.“ (mz)

Staatssekretär Jürgen Ude erläutert das Projekt im städtischen Kulturhaus.
Staatssekretär Jürgen Ude erläutert das Projekt im städtischen Kulturhaus.
André Kehrer