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Existenzgründer in Sachsen-Anhalt Existenzgründer in Sachsen-Anhalt: Für mehr Fitness in der Firma

Von christine Färber 01.12.2015, 20:16
Staatssekretärin Tamara Zieschang überreicht den Förderbescheid an EWG-Chef Armin Schenk (M.). Mit dabei die CDU-Landtagsabgeordneten Herbert Hartung (l.) und Lars-Jörn Zimmer.
Staatssekretärin Tamara Zieschang überreicht den Förderbescheid an EWG-Chef Armin Schenk (M.). Mit dabei die CDU-Landtagsabgeordneten Herbert Hartung (l.) und Lars-Jörn Zimmer. andré kehrer Lizenz

wolfen - Aus der Not eine Tugend gemacht hat Martina Bosse. Kurz entschlossen hat die damals 53-Jährige vor vier Jahren die Projekte der Dessauerin Fortbildungsfirma UPW (Unternehmensberatung, Weiterbildung, Personalberatung) nach dem Tod des Eigentümers übernommen und quasi das alte Unternehmen neu gegründet. Heute unterstützt ihre Firma Leute, die die ersten Schritte als Selbstständige gehen bzw. gerade erst eine eigene Firma gründen. Ab 10. Dezember auch in Bitterfeld.

Große Zeit der Existenzgründungen vor 25 Jahren

Für die Qualifizierung der Existenzgründer unmittelbar vor und nach ihrer Entscheidung, auf eigenen Beinen stehen zu wollen, hat das Land gestern 620 000 Euro für die Jahre 2015 und 2016 locker gemacht. Das Geld, das aus dem Programm ego.-Wissen stammt, ist als unternehmerische Starthilfe für Gründer in den Landkreisen Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg festgeschrieben. Das Projekt liegt in den Händen der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG) Anhalt-Bitterfeld.

Die ganz große Zeit der Existenzgründungen freilich war in Ostdeutschland vor 25 Jahren. „Der Gründungsgedanke heute ist durchaus verhalten“, erklärte Staatssekretärin Tamara Zieschang gestern in Wolfen bei der Übergabe des Förderbescheids. Wer aber denkt, dass die Selbstständigkeit heute unattraktiv ist, der irrt. In diesem Jahr zum Beispiel hat Ego-Pilotin Claudia Leier, die für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld zuständig ist, 160 Erstberatungen durchgeführt. 52 der erschienenen Frauen und Männer haben letztlich ein Unternehmen gegründet. Im Landkreis Wittenberg sind es weniger. Die Begründung dafür sieht Ego-Pilot Marcus Erbe darin, „dass sich der Arbeitsmarkt deutlich gewandelt“ hat und so der Druck, sich selbstständig zu machen, kaum da ist.

Inzwischen allerdings ist überall im Land ein anderer Druck gewachsen, beobachten die Experten: Die Gründer der ersten Stunde kommen in ein Alter, in dem sie an die Übergabe ihrer Firma in die Hände Jüngerer denken, sich um Nachfolger kümmern müssen. Eine neue Herausforderung, wie Zieschang meint. „Da ist es berechtigt, dass der Staat hilft.“

Die Gründerförderung, so die Staatssekretärin, gehöre zu den elementaren Bausteinen der Mittelstandsoffensive des Landes. „Sachsen-Anhalt braucht Menschen, die ihr eigenes Unternehmen gründen, die Wachstum ermöglichen und neue Arbeitsplätze schaffen.“ Solche wie Steffi Manke aus Gröbern zum Beispiel. Zusammen mit ihrem Mann gründete sie in diesem Jahr eine IT-Firma, die spezielle Branchensoftware für Augenoptiker vertreibt. Vorher hat sie lange Zeit eine Familienangehörige gepflegt. „Da war es schwer, nebenbei noch was zu machen“, sagt die junge Frau, die Kommunikationselektronikerin gelernt hat. Jetzt hat sie sich angemeldet für eine so genannte Nachgründungsqualifizierung. „Fachlich bin ich in die Firma reingewachsen, das ist o.k.“, sagt sie. „Aber das ist ja nicht alles. Von der Qualifikation verspreche ich mir, dass ich mich vor allem betriebswirtschaftlich fit machen kann, dass mir auch die ganze Arbeitsorganisation flüssiger und leichter von der Hand geht.“

Qualifizierungslehrgang zum Auffrischen der Kenntnisse

Ähnlich sieht es Betriebswirtin Ivonne Quiel aus Friedersdorf, die nach jahrelanger Festanstellung kürzlich ihr eigenes Unternehmen gegründet hat. Sie will im Qualifizierungslehrgang jetzt manches aus dem Studium auffrischen - Controlling zum Beispiel, in puncto Personalpolitik einiges lernen. Und, was ihr ganz wichtig ist: Sie will mit anderen Existenzgründern in Kontakt kommen.

Zwischen Frauen und Männern übrigens hält sich die Anzahl der Gründer die Waage. Die Branchen, die sie besetzen, sind vor allem Handwerk und Dienstleistungen, beobachtet Ego-Pilotin Claudia Leier. Der jüngste, der sie bisher um Beratung gefragt hat, erzählt sie, war Azubi im letzten Ausbildungsjahr. „Die älteste Ratsuchende war eine 65-jährige Frau. Toll“, sagt sie. „Sie war erst dieser Tage bei mir. Hier muss ich erstmal gucken, wie und ob sie gefördert werden kann, schließlich ist sie Rentenbezieherin.“

Für Claudia Leier indes ist völlig verständlich: Leute, die immer beruflich eingespannt und in Bewegung waren, wollen auch im Alter Ideen umsetzen und fit bleiben. (mz)