Evangelische Kirche Jeßnitz Evangelische Kirche Jeßnitz: Prachtvollste Glocke geht nach Bayern
Jeßnitz/MZ. - "Wir haben einen Riss in der Krone der Glocke festgestellt", erklärt Pfarrer Gunter Scheundel. "Offenbar ist sie nach dem Krieg nicht ordnungsgemäß aufgehängt worden. Der Turm war so kaputt, dass die Glocken nicht mehr geschwungen werden konnten, es wurde eine Vorrichtung gebaut, so dass von oben auf die Glocke geschlagen werden konnte, damit sie tönt. Wahrscheinlich ist der Fehler passiert, als die Glocke neu aufgehängt wurde." Auch in dem Bereich, in dem der Klöppel an die Wand schlägt, sind sehr große Abnutzungserscheinungen sichtbar. "Es besteht die Gefahr, dass sie reißt", so Scheundel.
Ende Oktober soll sie wieder an ihrem angestammten Platz hängen und zum Gottesdienst rufen. Der Zeitpunkt hängt mit der Turmsanierung zusammen, erklärt der Pfarrer. Denn die Glocke ist etwas größer als eine Schallluke, so dass diese verbreitert werden muss. "Deshalb muss sie wieder an Ort und Stelle sein, damit wir das Mauerwerk des Turms dort wieder ausbessern können", sagt Scheundel.
Knapp 12 000 Euro wird die Reparatur der Glocke die Kirchengemeinde kosten. Für die Sanierung des Schiffs einschließlich dessen Trockenlegung sind bereits 22 000 Euro nötig gewesen. Die Gemeinde, sagt Andrea Voigt vom Gemeindekirchenrat, "hat die Fördermittel, ohne die es gar nicht geht, beantragt".
Die mittlere Glocke von St. Marien, die einen Durchmesser von 105 Zentimeter hat, ist zugleich die schönste. Sie ist eine der am meisten verzierten Glocken Anhalts. 37 kleine Rundbilder sind auf dem Körper verteilt. Um den Hals zieht sich ein Schriftband mit einem Kranz aus 22 Rundbildern, die auf der ganzen Glocke wiederkehren. Sie zeigen eine Passionsgruppe, einen Heiligen mit einem Buch in der linken und einer Säge in der rechten Hand sowie einen Heiligen, der mit beiden Händen ein Buch hält. Die Glocke wird nach ihrer Entstehung dem 14. Jahrhundert zugeordnet.
"Die Glocken sind das älteste an Kirche, was wir haben", sagt Ute Schmieder vom Bauausschuss der Kirchengemeinde und erklärt, dass das ursprüngliche Gotteshaus abgebrochen und gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein neues aufgebaut worden ist. Das allerdings ist im Krieg sehr schwer beschädigt worden. Sie hält Bilder in der Hand, die zeigen, wie die Jeßnitzer ihre Kirche wieder aufbauen. 1950 ist der Turm fertig, die Glocken tönen wieder aus der Höhe.