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Er drohte mit Amoklauf in Wolfen Er drohte mit Amoklauf in Wolfen: Psycho-Anrufer in der Psychiatrie

Von Frank Czerwonn 24.08.2019, 08:00
Ein Telefonhörer.
Ein Telefonhörer. picture alliance / Rolf Vennenbe

Schlaitz - Seit Jahren terrorisiert Ringo B. aus Schlaitz Amtsträger, Behörden, Polizeireviere, Schulen und sogar das Kanzleramt mit Drohanrufen, in denen er Gewalttaten ankündigt. Doch alle Versuche, ihn juristisch zu belangen oder in die Psychiatrie einzuweisen, scheiterten bislang. Laut einem Gutachten gilt er als schuldunfähig.

Doch nun sitzt der Mann hinter Gittern. Nach Anrufen im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld, in denen er Donnerstagmorgen einen Amoklauf ankündigt hatte, wurde der 44-Jährige vorläufig festgenommen. Noch am Abend kam er auf richterliche Anordnung in eine Psychiatrie. Das teilt Frank Pieper, Sprecher der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau, mit.

Angst und Schrecken an Berufsschule Bitterfeld nach Drohanruf

In der berufsbildenden Schule hatten seine Drohanrufe am Morgen Angst und Schrecken verbreitet. „Er sagte: ,Ich laufe Amok’“, schildert Polizeisprecher Ralf Moritz. Schule und Klassenräume wurden sofort verschlossen. Die Polizei rückte an. „Bei den Ermittlungen konnte der Beschuldigte als mutmaßlicher Anrufer ermittelt werden“, so Pieper.

Die Polizei rückte zu dessen Wohnung aus. Ringo B. soll versucht haben, Widerstand zu leisten. Die Staatsanwaltschaft stellte Antrag auf Erlass eines Unterbringungsbefehls. Dem ist das Amtsgericht Dessau gefolgt.

Doch wieso gelang es dieses Mal, den Unterbringungsbefehl - eine Art U-Haft für psychisch kranke Verdächtige - zu vollstrecken? Immerhin soll der 44-Jährige schon viele Drohungen von Amoklauf bis Mord ausgesprochen haben - so gegen Anhalt-Bitterfelds Landrat Uwe Schulze (CDU) oder Bitterfelds damaligen Polizeichef Peter Ziehm.

Er kündigte einen Anschlag auf das Bitterfelder Amtsgericht an, löste im Namen von Ziehm einen Polizeieinsatz wegen einer Bombendrohung im Dessauer Rathaus-Center aus, warnte TV-Sender, er lasse ein Flugzeug über dem Kanzleramt abstürzen. 2017 soll er dem MDR mitgeteilt haben, er plane einen Anschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Gräfenhainichen. 2018 behauptete er, verunreinigte Joghurts in Umlauf gebracht zu haben. In Bitterfeld und Halle untersuchte die Polizei daraufhin Supermärkte, fand in einem Fall eine gesundheitsschädliche Substanz. Trotzdem lehnte das Amtsgericht Bitterfeld die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ab.

Ringo B. wollte vergiftete Schokoriegel an Kinder verteilen

Diesen Juli nun drohte er, im Landkreis Anhalt-Bitterfeld vergiftete Schokoriegel an Kinder zu verteilen. „Weil ich Kinder hasse“, erklärte er später der MZ ganz ruhig am Telefon. All diese Fälle, so Pieper, seien nicht vergessen. „Da sind Verfahren anhängig.“ Zwar gebe es hohe Hürden für solch eine Einweisung, da sie normalerweise zu einem so genannten Sicherheitsverfahren mit dem Ziel der dauerhaften Unterbringung in der Psychiatrie führe. Doch aufgrund der Masse von inzwischen weit mehr als 100 Fällen und „wegen der besonderen Bedrohung“ musste laut Pieper etwas passieren. „Was will man denn der Bevölkerung noch zumuten?“ Das sah der Richter offenbar genauso.

Und wie geht es nun weiter? Generell gilt auch in diesem Fall die Maximaldauer einer Untersuchungshaft von sechs Monaten. Laut Pieper liegen aber bereits zwei Anträge auf ein Sicherheitsverfahren vor - unter anderem wegen des Joghurtfalles. „Die sind nun beschleunigt zu bearbeiten und beim Gericht abzuschließen.“ Das könnte Ringo B. dauerhaft in die Psychiatrie bringen.

Natürlich kann sich der Verdächtige rechtlich wehren. „Ein Rechtsmittel gegen die Einweisung wurde bereits eingelegt“, so Staatsanwalt Pieper. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass Ringo B. hier Recht bekommt und schließlich doch wieder entlassen werden muss. (mz)

Das Berufsschulzentrum in Bitterfeld war das letzte Ziel von Ringo B. Er drohte mit einem Amoklauf.
Das Berufsschulzentrum in Bitterfeld war das letzte Ziel von Ringo B. Er drohte mit einem Amoklauf.
André Kehrer