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Ein Pilzsucher erklärt worauf es ankommt Ein Pilzsucher erklärt worauf es ankommt: Darf's auch mal ein Schweinsohr sein?

Von Sylvia Czajka 26.09.2020, 10:00
Hochsaison für Pilzsucher in den Wäldern
Hochsaison für Pilzsucher in den Wäldern dpa

Wolfen - Sie schlagen Corona ein Schnippchen: die Pilzsucher. Ihr Hobby ist die beste Medizin gegen das Virus. Ihr Fokus liegt auf den Früchten des Waldes. Menschlicher Kontakt wird gemieden. Denn die Spezies Pilzsucher hält Abstand und hütet so das Pflückgeheimnis - manchmal ein Leben lang, weiß Gerhard Niechziol.

Den Leiter der Fachgruppe Mykologie Wolfen hält immer noch das Jagdfieber hellwach - auch mit 66 Jahren. Ein Ende sei nicht abzusehen, ist sich Niechziol sicher. Der Thalheimer sagt: Pilzsucher können zu jeder Jahreszeit Erfolg haben. Aber die Hochsaison beginne im August. Der Monat hatte in diesem Jahr etwas Regen für die Wälder in der Region übrig. „Das ist gut für das Pilzwachstum.“ Doch es sei nicht all zu viel Niederschlag gewesen. Der September blieb bisher trocken.

Fazit: Es gibt Pilze, aber eben nicht in Hülle und Fülle. Es reiche für’s Abendbrot. Niechziol ist zufrieden. Ihm gehe es sowieso nicht nicht um Masse, sondern eher um die Artenvielfalt. Nach der jüngsten Exkursion seiner Fachgruppe und Pilzfreunden, zu der das Haus am See in Schlaitz einlud, fanden sich 40 Arten in den Körben.

Auf die Vielfalt kommt es an

Ob genießbar oder nicht, die Vielfalt mache es für den Mykologen aus. Oft habe er die Qual der Wahl. Was aber letztendlich in die Pfanne kommt und ihm am besten mundet, ist der Flockenstielige Hexenröhrling - der sieht gefährlich aus, schmeckt aber vorzüglich, erzählt Niechziol. Eines verrät er dann doch. Nämlich, wo die Delikatesse oft zu finden ist: in Buchenwäldern. Rar dagegen - zumindest in der Dübener Heide - ist das Schweinsohr. Es gebe eben Pilze, die hier nicht wachsen. Um die zu finden, reisen die ganz harten Pilzsucher nach Bayern oder gar in den Schwarzwald. Denn das Hobby sei nicht vom Schreibtisch aus zu koordinieren. Bewegung sei angesagt. Und das fordert auch den ganzen Niechziol. „Ach, ich sag’ Ihnen, ich bücke mich gern. So lange es noch geht. Manchmal schmeißen wir uns auf den Boden und fotografieren besondere Funde. Das ist schon ein wenig verrückt. Nicht wahr?“

Veränderte Fundorte

Was Niechziol festgestellt hat: die Fundorte haben sich verändert. Denn die begehrten Früchte finden Pilzfreunde jetzt häufiger im heimischen Garten. Dort gebe es regelmäßig Wasser und das sei das A und O. Champignons oder Schirmpilze sind keine Seltenheit. Dafür müsse sich niemand mehr in dichten Wäldern krumm machen.

Doch kommt der erste Frost, erstarrt auch die Sammelleidenschaft. Der Pilz mag die Kälte nicht. Aber bis dahin kann gepflückt werden. Und wer sich nicht sicher ist, für den heißt es: stehenlassen oder einen Pilzberater aufsuchen. „Wir helfen gern“, sagt der Mykologe Gerhard Niechziol.

 (mz)

Der Finderlohn für Gerhard Niechziol
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