Ein Märchenbild als Augenweide
ZÖRBIG/MZ. - Dafür unterbrechen sie sogar ihr Spiel. "Das ist das Rotkäppchen und der böse Wolf aus dem Märchen", weiß Hanna. "Und das Haus der Großmutter, der Wald und die Häschen", setzt ihre Freundin eifrig hinzu.
Um dieses Wandbild betrachten zu können, muss man allerdings erst einmal die Eingangstür hinter sich lassen und ganz einfach dem Hinweis folgen "Hier geht's zum Rotkäppchen". Dann, neben der Spielfläche auf dem Hof, fällt das Wandbild sofort ins Auge. Dass der Wolf ein klein bisschen schielt, scheint dabei zweitrangig.
"Die Kinder lieben das Bild", sagt die Leiterin der Einrichtung, Christine Schammer, und fügt hinzu, dass man im Kollegenkreis über die Augenstellung des Wolfes schon so manches Mal geschmunzelt habe. Und sie erzählt, dass ihr Ehemann Reiner und Monika Wieser, eine Kollegin, das großformatige Bild auf die Wand gezaubert haben.
Damit möchte die Leiterin dieser Einrichtung nicht nur auf das Märchenprojekt hinweisen, das in der
Einrichtung über die gesamten Wintermonate läuft (die MZ berichtete), sondern vor allem auf das große Engagement von Eltern und Erziehern sowie deren Ehepartnern. Denn nicht nur das Wandbild an der ehemals tristen Garagenfront ist neu, sondern die gesamte Gebäudefassade ist frisch gestrichen - bis hinauf zu den Dachgauben. "Alles in Eigeninitiative", kann Christine Schammer die Einsatzbereitschaft aller gar nicht genug loben. Doch nicht nur gearbeitet worden sei in vielen Stunden der Freizeit - meistens am Wochenende und an den Nachmittagen. Sondern auch das Material sei gesponsert worden, ebenso das Gerüst und der damit im Zusammenhang stehende Auf- und Abbau.
Dass es sich beim Rotkäppchen-Kindergarten nachweislich um die älteste Einrichtung Deutschlands handelt, in der seit 162 Jahren Kinder betreut werden, müsse man dem Gebäude im gediegenen Einheitsgrau ja nicht unbedingt ansehen. Darüber waren sich auf einer Feier im vergangenen Jahr auch Christine Schammer und Vertreter des CDU-Stadtverbandes, mit dem es eine Patenschaft gibt, einig. Gemeinsam sei man überein gekommen, die Malerarbeiten an der Fassade selbst in die Hand zu nehmen. Finanzielle Unterstützung wurde von Seiten der CDU zugesichert, erinnert die Leiterin an die Anfangsidee - mit deren Umsetzung im Spätsommer dieses Jahres begonnen worden ist.
Doch nicht nur außen wurde gemalert, sondern auch in den Gruppenräumen. Zwei von fünf Doppelräumen sind inzwischen fertig. Auch hier hat Monika Wieser nicht nur beim Mischen der Wandfarbe ihre Handschrift hinterlassen, sondern auch, oder vor allem, beim Gestalten der Wände. Da lächelt nicht nur die kleine Raupe von der Wand, sondern auch eine Dampflokomotive vor einem kunterbunten Zug strahlt über das ganze Gesicht.
"Illustrationsmalerei ist ganz einfach mein Hobby. Da kann ich meiner Phantasie freien Lauf lassen", erzählt Monika Wieser leidenschaftlich. Auch ihr Vater habe schon gemalt, "aber richtig - in Öl", setzt sie bescheiden hinzu. Deshalb ist sich Christine Schammer sicher, dass ihre Kollegin die Begabung mit in die Wiege gelegt bekommen hat. Und: "Sie benötigt als Anleitung für all das nicht einmal ein Bastelbuch. Die Ideen sprudeln einfach so aus ihr heraus." Und damit ist die Leiterin wieder beim Wandbild vom Rotkäppchen. Wie das Märchen umgesetzt wurde, sei ebenfalls die Idee von Monika Wieser gewesen, so Frau Schammer.