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Ein Leben für das Zweirad

Von BENJAMIN BÜCHNER 04.02.2009, 18:33

WOLFEN/MZ. - Die prophezeite Geschäftsschließung von Zweirad Brüchle allerdings fand bis heute nicht statt - obwohl es da schon ein paar kritische Momente gab.

Mit der Wende kamen nämlich auch auf die Fahrradwerkstatt einige Veränderungen zu. "Nur mit Reparaturen konnte man nicht mehr überleben", sagt der Besitzer. Also musste er auf den Handel mit den Zweirädern umstellen, wozu die alten Geschäftsräume in der Jeßnitzer Wende in Wolfen zu klein waren.

Deshalb fing der Wolfener in der Dr.-Otto-Nuschke-Straße 8a an zu bauen. Das Grundstück war dem Zweiradmechaniker von der Stadt Wolfen damals zwar schon zugesichert worden, aber noch nicht offiziell in seinem Besitz. Als das Fundament 1991 gerade fertig war, stellte sich plötzlich heraus, dass der Boden eigentlich der Gemeinde Bobbau gehört.

Der Wolfener redet darüber heute sehr gelassen. Genauso, wie er vor 18 Jahren auch reagiert hat. Statt in Hektik zu verfallen, hat er einfach weitergebaut, die Probleme ruhig geregelt und im März 1992 am neuen Standort eröffnet, wo er mit seinen zwei Mitarbeitern bis heute Zweiräder verkauft.

Den Erfolg haben sie aber auch den Bewohnern von Wolfen zu verdanken. Ohne sie wäre das Geschäft vielleicht sogar nie eröffnet worden. "Wolfen war schon immer eine Fahrradstadt. Die Mitarbeiter von der Filmfabrik sind ja früher alle mit dem Rad zur Arbeit gefahren", sagt Brüchle. Sogar der dama

lige Bürgermeister Horst Herrmann sei stets mit seinem Drahtesel unterwegs gewesen, meint der 63-Jährige. Allerdings gab es vor 1984 keine Fahrradwerkstatt. Eben bis Brüchle auf die Idee kam, sich selbstständig zu machen und eine eröffnete.

Der Chef des Zweiradgeschäftes ist aber nicht erst durch seinen Beruf zu den Rädern gekommen. Vorher war er selbst lange Radsportler, was ihm die eine oder andere Freundschaft eingebracht hat. Unter anderem mit Täve Schur, dem Weltmeister 1958 und 1959.

Brüchle und Schur sind früher sogar gemeinsam immer eine Woche als Zuschauer zur Tour de France gefahren. "Beim Ausritt von Floyd Landis 2006 waren wir aber das letzte Mal dabei", so der Wolfener. Der Grund sei darin zu suchen, dass Landis später überführt wurde, auf dieser Etappe gedopt zu haben. "Da wirst du von den Sportlern nur betrogen", unterstreicht der Fahrradverkäufer enttäuscht.

Das erste Fahrrad, das Brüchle verkauft hat, war im Übrigen von der Marke Winora. "Neulich habe ich so eins mal wieder gesehen", erzählt er euphorisch.

Heute werden in Wolfen nämlich Zweiräder von einem ganz anderen Kaliber verkauft. "Die Leute wollen überwiegend Trekkingräder und Mountainbikes", sagt Brüchle. Und komfortabel wollen sie es haben. Rennräder und klassische Straßenräder verkaufen sich dagegen eher schlecht.