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Ein Abschied für immer Die Friedenskirche in Wolfen-Steinfurth ist nun offiziell kein Gotteshaus mehr

Die Gemeinde hat in der Christuskirche in Bobbau eine neue Heimat gefunden.

Von Christine Färber Aktualisiert: 20.07.2021, 15:19
Die liturgischen Geräte werden aus der Kirche hinausgetragen. Damit ist das Gotteshaus entwidmet.
Die liturgischen Geräte werden aus der Kirche hinausgetragen. Damit ist das Gotteshaus entwidmet. (Foto: Johannes Killyen)

Wolfen/MZ - Dieser Abschied tut weh. Er ist für immer. Und obwohl alle wissen, dass er vernünftig ist, krampft sich doch bei vielen der Friedensgemeinde in Wolfen-Steinfurth das Herz zusammen - beim letzten Gang aus ihrer Kirche.

Das 1976/77 entstandene Gotteshaus ist am Sonntag nach einer Andacht mit Abendmahl entwidmet worden. Es ist damit keine Kirche mehr. Die liturgischen Geräte - die kirchlichen Symbole - aber finden ein neues Zuhause in der Christuskirche in Bobbau. So wie auch die Gemeinde. Seit zwei Jahren schon geht sie mit der Bobbauer zusammen. Haben die Herzen zueinandergefunden, werden nun also auch die Dinge zueinanderfinden. „Und wir nehmen auch das mit, was hier begonnen hat, was gewesen ist“, sagt Pfarrerin Ina Killyen.

Ganz neu gebaut: Am 11. September 1977 wird die Kirche eingeweiht.
Ganz neu gebaut: Am 11. September 1977 wird die Kirche eingeweiht.
(Foto Evangelische Landeskirche Anhalt)

„Wenn es eine richtige Nutzung für das Haus gäbe - das wäre schön“

Thomas Seidel, Gemeindekirchenratsvorsitzender, trägt die Bibel, Bernd Schlenkrich das Altarkreuz, andere haben die Kerze in beiden Händen, das Abendmahl-, das Taufgeschirr: In einer kleinen Prozession tragen sie die wichtigen Gegenstände aus der Kirche hinaus und machen sich dann mit der ganzen Gemeinde auf nach Bobbau, zu ihrer Heimatkirche.

„Das schmerzt mich schon“, gibt Bernd Schlenkrich zu. „Wenn es eine richtige Nutzung für das Haus gäbe - das wäre schön. Wir können’s nicht halten. Die Gemeinde schrumpft immer mehr. Schade. Aber auch wir müssen betriebswirtschaftlich rechnen.“ Er erinnert sich an Zeiten, sagt er, „da saßen zehn Seelen hier auf den Stühlen“. Viele Gemeinden haben mit diesen Problemen zu tun. Im speziellen Fall aber kam der gigantische Einwohnerschwund von Wolfen-Nord dazu.

Jesus am Kreuz und das Altarkreuz - Details aus dem Kirchenraum
Jesus am Kreuz und das Altarkreuz - Details aus dem Kirchenraum
(Foto: André Kehrer)

„Das spiegelt sich natürlich auch bei uns wider“, sagt die Pfarrerin, die die Entscheidung zur Entwidmung eine reife Entscheidung der Gemeinde und der Kirchenleitung nennt. „Nun stehen wir vor der Herausforderung als Verbund unsere Mitte zu finden“, sagt sie. „Wir sind nicht an einen Ort gebunden. Gott geht mit uns mit, wo wir hingehen müssen.“

Ideen für die Nutzung der Kirche, die sie als ein geglücktes Beispiel des so genannten Neuen Bauens bezeichnet, gab es viele

Im vergangenen Jahr hat sie die Friedensgemeinde übernommen. Fast 40 Jahre haben davor Margareta und Matthias Seifert die geleitet, geprägt. „Es ist eine sehr gute Gemeinschaft mit vielen Angeboten - von Senioren bis zu Kindern“, sagt Ina Killyen. „Das macht stolz und das trägt sich fort. Als Christen sind wir Teil des wandernden Gottesvolkes. Dazu gehören Aufbruch und Unterwegssein, was zugleich Herausforderung und Chance ist.“

Am letzten Gottesdienst  nahmen viele Gemeindeglieder teil.
Am letzten Gottesdienst nahmen viele Gemeindeglieder teil.
(Foto: Michael Maul)

Ideen für die Nutzung der Kirche, die sie als ein geglücktes Beispiel des so genannten Neuen Bauens bezeichnet, gab es viele: als Kolumbarium zum Beispiel oder als Pilgerstätte für fahrende Mönche. Alles das, sagt Thomas Seidel, habe sich letztlich aber nicht gerechnet. So geht das Haus an den Eigentümer, eine kirchliche Stiftung, zurück. Die will es „dem kirchlichen Sinn entsprechend“ weiter nutzen.

Der Vorgängerbau der Friedenskirche war eine Holzkirche auf dem Rosinenberg

Eine kleine Fotoausstellung nahm jene, die zur Abschiedsandacht gekommen waren, zum Schluss mit in die Vergangenheit: Der Vorgängerbau der Friedenskirche war eine Holzkirche auf dem Rosinenberg, die zwischen 1957 und 1977 genutzt und später aufs Gelände des Heinrichshauses versetzt wurde. Die neue Friedenskirche wurde am 11. September 1977 eingeweiht. Doch einen Turm durfte das Gotteshaus nicht haben, bestimmte die Einheitspartei der DDR. Die kleine Orgel indes wird künftig in der Kirche Thurland erklingen.

Das Haus wird besenrein dem Eigentümer übergeben.
Das Haus wird besenrein dem Eigentümer übergeben.
(Foto: André Kehrer)

Die Kirchengemeinde Bobbau-Wolfen-Nord gehört mit den Kirchengemeinden Raguhn, Jeßnitz, Priorau-Schierau und Thurland zum Verbund der Kirchengemeinden an Mulde und Fuhne.