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"Das dritte Ufer" "Das dritte Ufer": Peter Hoffmann aus Friedersdorf und seine Lese-Perlen für den gemütlichen Abend

Von Christine Färber 30.06.2019, 09:00
Der Herausgeber der Anthologie, Peter Hoffmann, in seinem geliebten Garten.
Der Herausgeber der Anthologie, Peter Hoffmann, in seinem geliebten Garten. André Kehrer

Friedersdorf - Mit „Das dritte Ufer“ hat der Friedersdorfer Schriftsteller Peter Hoffmann eine neue Anthologie herausgegeben. 30 Autoren aus ganz Deutschland - kaum einer von ihnen professioneller Schriftsteller - haben ihre Texte beigesteuert. Und damit dazu beigetragen, dass dieses Buch, das bei Edition Winterwork verlegt wurde, ein Erfolg geworden ist. Denn jetzt erschien die bereits zweite Auflage.

Die meisten Autoren kommen aus der näheren Region. Und viele von ihnen sind Senioren. Folglich spielen Erinnerungen eine große Rolle. An die eigene Kindheit, die zumeist in den Kriegsjahren lag. An die Zeit, als die Autoren selbst Eltern waren und heute Enkel-Geschichten erzählen können. Und an die Zeit, als die eigenen Träume fliegen lernten.

Zusammenspiel vieler Erzählungen und Betrachtungen werden zu einem großen Gesellschaftsbild

Sie alle haben ihrer ganz persönliche Welt in Worte gegossen. Daraus entsteht im Zusammenspiel der vielen Erzählungen und Betrachtungen ein großes Gesellschaftsbild. Eins, das vielfach auf Erinnerungen basiert, aber dort ganz und gar nicht stehenbleibt. Die Autoren suchen nach Antworten und sie nehmen dabei den Leser mit. Der erfahrene Schriftsteller und Herausgeber Hoffmann übrigens hat das Konzept hervorragend erarbeitet und umgesetzt. Die Geschichten sind nach Schwerpunkten geordnet und dennoch ist es gelungen, den Spannungsbogen zu halten.

Die Autoren behandeln große Themen wie den Krieg und die Flucht mit all den Schrecken und Grausamkeiten - freilich auch mit den kleinen Freuden und den Streichen, der kindlichen Unbekümmertheit, die es ja trotzdem gab und die sich in ihren Leben auf ganz individuelle Weise abbilden. Aber auch den ganz banalen Alltag und das familiäre Zusammenleben stellen sie in den Mittelpunkt und entdecken selbst in der gleichförmigen Gewohnheit manche Sternstunden.

Lyrik ergänzt nicht nur die Prosatexte, sie macht die Anthologie zu etwas Besonderem

Sie stellen Fragen nach Anstand und Moral, nach Befindlichkeiten und sparen die eigenen Zweifel und Ängste und die Zerrissenheit nicht aus. Besonders betroffen macht da beispielsweise die Geschichte „Mut“ von Peter Hoffmann. Ein Schicksal, leise und unaufgeregt erzählt, das einen sprachlos und selbst zerrissen zurücklässt - mit einer Frage, die man kaum zu beantworten vermag. Ganz wenige Worte braucht Herbert Ziegelmeier, um zu berühren: „Soldatengrab in Thüringen“. Voller Gefühl, mit schönen sprachlichen Bildern und nicht ohne Humor skizziert Klaus Krupa in der Titelgeschichte „Das dritte Ufer“ einige Wochen mit dem wahrscheinlich entscheidenden Erlebnis seines Lebens.

Lyrik ergänzt nicht nur die Prosatexte, sie macht die Anthologie zu etwas Besonderem. So ist es immer wieder eine schöne Überraschung, wenn man beim Umblättern nach einigen Geschichten auf eine lyrische Arbeit von Johanne Jastram aus Dessau stößt: „Nach den sprachlosen Jahren“ zum Beispiel oder „Angst“. Hier braucht es keiner weiteren Worte, um die Stimmung dieser Zeilen zu beschreiben.

250 Seiten als Begleiter mancher Abende ohne Fernsehen und Computer

Man kann sie zweimal lesen oder fünfmal oder noch viel öfter - sie verlieren nichts von ihrer Wirkung, sie werden eher eindringlicher, berührender. Auch die Friedersdorferin Jana Engelhard, die sich dem Thema Tod widmet, findet tiefen Zugang zu den Herzen der Leser dieser Anthologie.

Das sind wohlgemerkt einige Beispiele. So kann man freilich in jedem Gedicht, in jeder Geschichte, eine mehr oder weniger kleine Perle entdecken, wenn man sich darauf einlässt. Und das sollte man. Dieses Buch, das immerhin etwa 250 Seiten umfasst, kann ein guter Begleiter mancher Abende ohne Fernsehen und Computer sein. Denn gute Geschichten sind nicht nur niemals belehrend, sie sind auch unterhaltend. (mz)