Buchdorfschreiber Buchdorfschreiber: Wilde Kinderspiele in Traum-Flugnächten
Schlaitz/MZ. - Seine "Kinderspiele" überzeugten die Jury des Mdr-Literaturwettbewerbes 2001 so sehr, dass der heute 26-Jährige damals den ersten Preis erhielt. Seine Protagonisten sind sechzehn, die Wende ist vier Jahre alt, die neue Freiheit heißt Alkohol: "eine Art blonder Flaschengeist, der uns sanft an den Haaren packte..., uns seinen Teppich lieh, auf dem wir davonflogen und den Bullen auf die Köpfe spuckten."
Es sind Nächte der Zerstörung, "irgendwas in uns drin machte klick, legte den Hebel auf Gewitter im Gehirn..." Der Ich-Erzähler landet schließlich in der Psychiatrie. "Alles war verrückt wie in einem Alptraum in einer Sommernacht bei dreißig Grad, in einem fensterlosen Zimmer, zugedeckt mit neunzehn Wintermänteln aus Schaffell."
Dem Studenten des Leipziger Literaturinstituts ist mit "Kinderspielen" ein kleines Meisterwerk gelungen, das sich nun einfügen soll in einen Roman. Die Förderstelle des Buchdorfschreibers kam wie gerufen - "hier habe ich keine Wahl. Hier muss ich schreiben", sagt er und tauschte seine Leipziger Wohnung gern gegen die flache Hütte nahe der Schachtbaude in Schlaitz. Fernab aller Ablenkung und ohne Auto will er nun sein Romanmanuskript - wenn alles gut geht - beenden.
Dass er hier, zwischen Bäumen und Teich, leben wird für drei Monate, war ursprünglich nicht so gedacht. "Es sollte schon das Buchdorf sein", sagt Vereinsvorsitzende Heidi Dehne, die sich sehr um diese Förderstelle für junge Autoren bemüht hat. Doch fand Clemens Meyer für seinen betagten Rottweiler-Dobermann-Mischling keinen Betreuer für so lange Zeit, die ursprünglich geplante Buchdorf-Wohnung war zu klein für Mann und Hund. Doch - beide sind zufrieden in der relativen Abgeschiedenheit. "Und mit Pit" sagt Clemens Meyer, "bin ich nicht so allein."
Obwohl er das natürlich sowieso nicht ist. In seinem Kopf jene schwachen, wilden Helden, die mehr oder minder dramatische Wege gehen. Jeden Tag sechs bis sieben Seiten will er schreiben, "manchmal", sagt er, "schaffe ich das nicht." Mit 180 Seiten im Gepäck kam er Anfang Juli hierher, über hundert sind inzwischen dazu gekommen. "Es läuft gut", sagt er, "ich bin zufrieden."
Und was danach? Nach Studium und Roman? Clemens Meyer ist Realist. "Vielleicht hab ich Glück", sagt er und meint einen Verlag, der das Manuskript auch drucken wird, meint den Leser, der es kaufen wird. "Ich habe keine Probleme, arbeiten zu gehen, wenn es nicht gut läuft." Ein bisschen glaubt er an sein Glück - mit Schreiben kann er ohnehin nicht mehr aufhören, und gewiss wäre dies auch schade um eine sensible neue Stimme.