Brandanschlag auf linkes Zentrum in Bitterfeld Brandanschlag auf linkes Zentrum in Bitterfeld: Angriff auf politische Gegner?

Zörbig/Bitterfeld - Sie kamen nachts im April und warfen Molotowcocktails über die Mauer des Alternativen Kulturwerks (AKW) in Bitterfeld. Ein Wohnwagen fing Feuer. Im Mai standen zwei Männer erneut mit Brandsätzen vor dem AKW. Es blieb bei einem Versuch. Sieben Monate nach den Angriffen hat am Freitag am Landgericht Dessau der Prozess gegen vier Männer im Alter von 25 bis 30 Jahren begonnen. Laut Anklage sollen sie der rechten Szene Zörbigs zugehören und die Taten mit dem Ziel begangen haben, linksorientierte Bewohner des AKW anzugreifen. Deren Tod hätten sie dabei billigend in Kauf genommen.
Anklage wegen Mordversuchs
Zum Prozessauftakt räumten zwei Beschuldigte ein, am 17. April mit selbst gebauten Molotowcocktails zum Tatort gefahren zu sein. Zwei hätten die Brandsätze geworfen, einer wartete im Auto. Anlass war offenbar die politisch aufgeheizte Lage in Bitterfeld, die im Frühjahr in einer Gewalteskalation endete. „Mir war bekannt, dass Haustüren eingetreten wurden und es Schmierereien gab. Ich dachte, dass das mit dem AKW zu tun hat. Ich wollte ein Zeichen setzen, dass das nicht geht, und den Leuten einen Schreck einjagen“, erklärte der 28-jährige Beschuldigte. Über den Grund des Anschlags habe es in der Gruppe aber keine Verständigung gegeben. Das behauptete auch der 30-jährige. „Wir haben nicht darüber gesprochen. Das war ein Streich. Ich wollte Scheiße bauen. Keine Ahnung, warum.“
Ein entscheidender Punkt ist auch, ob die Angeklagten wussten, dass auf dem Gelände Personen wohnen. Die Zörbiger sind nicht nur wegen schwerer Brandstiftung - in einem Fall im Versuch - und Waffengesetz-Verstößen angeklagt, sondern auch wegen Mordversuchs. Beide Beschuldigte stritten am Freitag ab, Kenntnis davon gehabt zu haben, dass auf dem Areal Menschen leben. „Ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass da Wohnwagen stehen. Ich wollte nichts treffen“, so einer der Angeklagten.
Allerdings hatte der 30-jährige Zörbiger, der an beiden Taten beteiligt war, bei der Polizei damals ausgesagt: Es wäre ihm egal gewesen, falls Menschen sterben. Eine Aussage, die er vor Gericht relativierte. Das habe er so nicht gesagt. Zu seiner damaligen Erklärung vor dem Haftrichter, das AKW sei angegriffen worden, „weil dort Linke sind“, verweigerte er nun eine Aussage.
Weiterer wichtiger Punkt ist, ob der Plan zu dem weiteren Anschlag am 30. Mai tatsächlich durch die beiden Angeklagten selbst abgebrochen worden ist. Man habe vor Ort „Schiss bekommen“ und wollte umkehren, erklärte der 30-Jährige. „Ich wollte aus dem Auto steigen und das Nummernschild wieder anschrauben. In dem Moment ist die Polizei vorbeigefahren.“ Den Beamten war das Auto ohne Kennzeichen aufgefallen, nach einer Kontrolle nahmen sie beide Männer fest. Zu diesem Rücktritt vom Versuch war in der Vernehmung damals jedoch kein Wort gefallen.
Einblick in politische Welt
Vor Gericht gab der Angeklagte auch einen Einblick in seine politische Welt. Er ordnet sich selbst einer rechten Gesinnung zu. „Ich habe etwas gegen Ausländer, die nicht arbeiten und vom Staat leben. Sie nehmen uns die Arbeit weg.“ Szene-Kontakte bestritt er. Allerdings sind er und zwei weitere Beschuldigte Mitglied der WhatsApp-Gruppe „Zörbiger Hooligans“, in der auch Bilder mit Hakenkreuzen ausgetauscht wurden. „Das ist eine normale Gruppe, die hat nichts mit Rechts zu tun“, erklärte der Zörbiger.
Ganz konkret um einen beabsichtigten Angriff auf Flüchtlinge ging es aber offenbar an jenem 30. Mai vor dem Plan, erneut zum AKW zu fahren. Da waren die Männer zu dritt in Muldenstein unterwegs - auf der Suche nach der Unterkunft für Asylsuchende, die allerdings in Friedersdorf steht. „Wir wollten uns mit Ausländern anlegen, Stress machen, eine Schlägerei anfangen und pipapo“, erklärte der 30-Jährige. „Wir hatten Langeweile.“ Als die Drei die Unterkunft nicht fanden, fuhren sie nach Hause und bauten Molotowcocktails. (mz)
