Kulturquadrat Blüthgens dunkle Seite - Nachlass des Zörbiger Dichters wurde neu sortiert
Dabei kamen einige Überraschungen zutage - darunter sogar ein unveröffentlichtes Manuskript.

Zörbig - Vom Nachlass Victor Blüthgens kann nicht erzählt werden, wenn nicht auch die berühmten Gurkenkisten erwähnt werden. In diesen lagen die Manuskripte, Fotos und Postkarten, die viel über den Sohn der Stadt und dessen Frau Clara erzählen. Nun sollen sie selbst Ausstellungsstücke werden, denn: „Der Nachlass wurde von Ehrenamtlichen des Heimatvereins sortiert“, erklärt Stefan Auert-Watzik, Leiter des Kulturquadrats Zörbig.
Um schneller auf die Unterlagen zugreifen zu können, ist nun alles systematisch verpackt. Fotos bei Fotos, Gästebücher bei Gästebüchern. Durchnummeriert von eins bis neun. Rund 80 Stunden hat die Sortierung gedauert. Dabei sind auch Schätze zum Vorschein gekommen: etwa die letzte Novelle, die Victor Blüthgen zu Papier brachte: „Bruder Serafin“. Allerdings, betont Stefan Auert-Watzik, könnte man diesem literarischen Erguss auch als Roman bezeichnen.
Auch dem Digitalen will sich Museumsleiter Auert-Watzik zuwenden, mithilfe des Landesheimatbunds
Der Nachlass, den Clara Blüthgen ihrerzeit an Otto Schmidt übergab, soll im künftigen Museumsbereich des Kulturquadrats zu sehen sein. Auch dem Digitalen will sich Auert-Watzik zuwenden, mithilfe des Landesheimatbunds. Es braucht technische Ausstattung, um zum Beispiel Bilder, die in einem schlechten Zustand sind, zu scannen und zu digitalisieren. Das kann zwar den nagenden Zahn der Zeit nicht aufhalten, aber die Beweise wären gesichert.

Blüthgens Werk im Zörbiger Umfeld wird sich auch ein Buch des Heimatvereins widmen: „Mit Märchenaugen“ soll es heißen, 156 Seiten haben und noch in diesem Jahr erscheinen. „Darin werden Plätze und dazu gehörende Gedichte gegenübergestellt“, erklärt Stefan Auert-Watzik. Geplant ist das Erscheinen zum Burgfest im September.
Werke zeugen davon, dass Victor und Clara Blüthgen nationalistischem und vaterlandsbezogenem Gedankengut anhingen
Ebenso wird das Kinderbuch der Autorin und Illustratorin Lucie Göpfert noch in diesem Jahr erscheinen. Die Hallenserin hat im Rahmen des Heimatstipendiums der Kunststiftung ebenfalls Geschichten ausgewählt, die in Zörbig spielen. Mittlerweile lesen junge Freiwillige bereits die Geschichten Probe.

Dabei sind die Illustratorin und der Museumsleiter auch auf die dunklen Seiten Blüthgens gestoßen. In den Kindergeschichten werden viele Ressentiments bedient. Diese sollen in den neu aufgelegten Geschichten keinen Eingang finden. Auch andere Werke zeugen davon, dass Victor und Clara Blüthgen nationalistischem und vaterlandsbezogenem Gedankengut anhingen. Nachdem der Sohn bereits 1914 fiel, schrieb Blüthgen Kriegsgedichte im Band „Hinter der Front“. Diese seien „richtig böse“, schätzt Historiker Auert-Watzik ein.
„Victors Werk muss immer in Verbindung mit Clara gesehen werden“
Clara Blüthgen bremste ihren Gatten dabei nicht, denn auch sie schlug in diese Kerbe - wenn auch nicht literarisch. Klar ist aber auch: „Victors Werk muss immer in Verbindung mit Clara gesehen werden.“ Zwar sind Briefwechsel des Paares leider nicht mehr erhalten, aber es gibt Literatur über das Kennenlernen in Bad Freienwalde. Auf dem Faschingsball von Berta Wegner-Zell lernten sich die beiden das erste Mal persönlich kennen, nachdem Victor und Clara bereits die Schriften des anderen kannten. Wegner-Zell beschreibt auf recht humorvolle Art, wie sich die beiden zwei Tage nach dem Treffen bereits verlobten.
All diese Geschichten sollen künftig Eingang finden in die Ausstellungen, es soll viel abgewechselt werden. Und auch die Gurkenkisten kommen noch einmal zu Ehren. (mz)