Bitterfelder Bogen Bitterfelder Bogen: Ein Symbol für die Vergangenheit und die Moderne

Holzweissig - Es ist schon ein Ding mit dem Bogen: Er polarisiert. Und zwar nach wie vor. Während den einen das Herz aufgeht wegen seiner Besonderheit, geht den anderen das Messer in der Tasche auf wegen der „Geldverschwendung“. Drei Millionen Euro hat er gekostet, 90 Prozent davon wurden gefördert.
„Ich bin stolz, wo immer ich den Bogen sehe“
Brunhilde Geyer kennt das alles. „Wir wollten den Bogen, jetzt haben wir ihn“, sagt die einstige Bürgermeisterin von Holzweißig. Basta. Die Gemeinde, auf deren Territorium er steht, war daher - grob gesagt - der Bauherr. „Ich bin stolz, wo immer ich den Bogen sehe“, sagt die couragierte Frau, „das tut gut.“
Obwohl er ihr manch schlaflose Nacht beschert hat. Oder vielleicht gerade deshalb. Immerhin: Als Krönung ihrer 24-jährigen Amtszeit bezeichnet sie ihn.
Das Herz an das Bauwerk verloren
Auch Armin Schenk hat als Chef der EWG und damit Projektsteuerer viele Nerven an den Bogen verloren. Aber auch sein Herz, wie er verrät.
„Er gehört zu meinen Lieblingsorten. Manchmal gehe ich sogar abends hoch, wenn’s mich packt.“ Der Weg ist ja jetzt leicht. Denn anders als vor zehn Jahren, als diese filigrane Skulptur aus Stahl der Öffentlichkeit übergeben wurde, führt heute eine echte Straße hinauf auf den Bitterfelder Berg.
Am Freitag, 5. August, wird zünftig gefeiert: Treffpunkt ist um 19 Uhr am Parkplatz Bitterfelder Bogen, Leopoldstraße.
Ein Fackelumzug mit musikalischer Begleitung durch den Spielmannszug Stadt Wolfen führt hinauf zum Bogen. Ab 19.30 Uhr startet hier das Programm unter anderem mit dem Auftritt der Kinder von Hort und Kita Holzweißig.
Die besten Arbeiten des Wettbewerb zum Bogen werden prämiert. Die Briefmarkenfreude bieten einen Erinnerungsstempel. Neue Sitzelemente werden freigegeben und um 22 Uhr findet die Musik- und Lasershow mit Feuerwerk statt. Für die musikalische Unterhaltung sorgt ein DJ bis Mitternacht.
525 Tonnen Stahl
Dort erhebt sich das Bauwerk 28 Meter in die Höhe - wie eine Krone schmückt es die alte Abraumhalde. Kilometerweit ist es zu sehen und prägt so die Silhouette von Bitterfeld.
Der Bogen ist 81 Meter lang und 14 Meter breit. Sage und schreibe 525 Tonnen Stahl sind insgesamt verbaut worden. In die Fundamente, die in 40 Metern Tiefe auf Pfählen gegründet wurden, flossen 64 Kubikmeter Beton. Und würde man nur die sichtbaren Stahlteile hintereinander legen, ergäbe das eine Strecke von sechs Kilometern.
Doch der Bitterfelder Bogen ist mehr als Technik und Kunst. Er ist auch ein Symbol - für das, was war. Als Vertrautes verschwand und allmählich neue Linien und Konturen das Landschaftsbild zu prägen begannen, die Leute das Gewohnte loslassen mussten. Zu tun hat er mit einer großen Tradition der Stadt, dem Bergbau.
Eines existierte nicht ohne das andere
Für Professor Claus Bury, Bildhauer aus Frankfurt am Main, ist es eine künstlerische Herausforderung gewesen, das sichtbar zu machen. Eine, über deren Ergebnis er sagt: „Der Bitterfelder Bogen ist das Größte und Schönste, was mir in Erinnerung bleiben wird.“
Die konvexen und konkaven Formen der Bogensegmente haben eine Bedeutung: Während die sich nach oben streckende Linie für die Halden steht, steht die sich abwärts beugende für die Gruben. Beides ist in Burys Skulptur vereint. Eines existierte nicht ohne das andere.
Diese Erklärung findet Frau Geyer besonders wichtig. „Unsere Enkel wissen gar nicht, was hier war. Dass der Bogen an den Bergbau erinnert. Die Landschaft hat sich total gewandelt.
Und darum, Erinnerung zu bewahren und den Wandel zu zeigen, geht es ja.“ Man kann es auch so sagen: Das Jetzige würde ohne das Vergangene nicht existieren. Und so schafft der Bogen zugleich auch eine imaginäre Brücke zwischen Tradition und Moderne.
Zwischen Natur und Chemiepark
Übrigens: Keiner, der zum ersten Mal oben auf der Plattform steht, kann sich der Schönheit des Bildes vor ihm entziehen: der große blaue See, daneben die Stadt unterhalb des Berges, links der moderne Chemiepark. So ist plötzlich auch ein Blick-Bogen gespannt - zwischen Erholung, Wohnen, Arbeit.
Hervorgegangen ist der Bitterfelder Bogen übrigens aus der Idee, Sichtachsen durch die neue Landschaft zu legen, die durch Aussichtspunkte gekrönt werden. Dazu gehören zudem der Pegelturm und der Rote Turm in Pouch.
Brunhilde Geyer und Armin Schenk - beide haben den Bau mit verantwortet und begleitet. „Die finanziellen Bandagen“, Schenk holt tief Luft, „waren hart. Ich hatte dem Gemeinderat mein persönliches Versprechen gegeben: Es wird nicht mehr kosten. Wir haben’s geschafft, mit Zähneknirschen. So ein Versprechen werde ich wohl nie wieder geben können.“ (mz)
