Bitterfeld Bitterfeld: Geheimnisvoller Duft in der Luft

BITTERFELD/MZ. - Der Geruch war es, der ihn faszinierte. Ihn als Kind immer wieder an jenen Ort zog, an dem schon seine Mutter arbeitete: in die Apotheke. Wie es roch? "Nach Apotheke eben", meint Stefan Strauss. Und Strauss tat es seiner Mutter gleich. Er wurde Apotheker. Heute riecht es anders, vergleicht der 38-Jährige. Früher lag ein geheimnisvoller Duft in der Luft. Damals, zu DDR-Zeiten, wurden mehr Rezepturen angefertigt. Heute verschwindet die Nostalgie aus den Apotheken. Die Anfertigung von Salben, die Zusammensetzung von Tees - all das bestimmt nicht mehr in dem Maße den Alltag - auch nicht mehr in der Flora-Apotheke in Bitterfeld.
Und doch erinnert sich Stefan Strauss gern an die Zeit der Anfänge in der Dessauer Straße. Blättert in der Chronik. Und es gibt einen guten Grund, sich zu erinnern, denn ein ganz besonderes Jubiläum wird gefeiert. Die Flora Apotheke begeht in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag.
2007 übernahm Stefan Strauss, der in der Saalestadt Halle Pharmazeutische Biologie studierte und promovierte, die Flora-Apotheke. Dass er eines Tages in Bitterfeld arbeiten und leben würde, er hätte es wohl nicht geglaubt. Aber es kam anders. Der gebürtige Thüringer, der in Heiligenstadt aufgewachsen ist, sagt: "Ich hätte nie gedacht, dass ich nach Bitterfeld ziehen würde." Jetzt fühlt er sich hier wohl. Mag die Menschen und die Arbeit. "Zugegeben, die Apotheke ist nicht auf den ersten Blick gleich zum Verlieben, aber sie ist eine kleine und alte Apotheke, an der mein Herz hängt."
Hat man als Hüter der Heilmittel auch eine besonders große Hausapotheke? "Eigentlich nicht", erzählt er. Ein Schmerzmittel, Pflaster sowie eine Wund- und Heilsalbe - mehr nicht. Das sei ausreichend. Und er habe ja noch den Schlüssel zur Flora-Apotheke, lächelt Strauss.
Sein Team zählt übrigens drei weitere Mitarbeiter. Eine Pharmazie-Ingenieurin, eine pharmazeutisch-technische Assistentin und einen Kurierfahrer. "Wir sind eine Vollapotheke - mit Notdienst und allem Drum und Dran." Wichtig sei Strauss der Kontakt mit den Kunden, für ihre gesundheitlichen Sorgen da zu sein und manchmal auch für andere. "Auf irgendeine Weise können wir den Leuten immer helfen", meint Stefan Strauss.
Dem kann Simone Ladwig nur zustimmen. Seit 1982 arbeitet sie hier. Lernte von der Pike auf, was eine Pharmazieingenieurin zu tun hat. "Damals war ich froh, die Lehrstelle bekommen zu haben und auch die Arbeitsstelle", erinnert sie sich. Wer könne in der heutigen Zeit schon von sich sagen, zu Fuß zur Arbeit zu gehen. "Mir ist es vergönnt, und darüber bin ich froh." Der kurze Weg zur Arbeit ist die eine Seite der Medaille, die Tätigkeit an sich eine andere. Vieles habe sich verändert.
Bürokratischer sei alles geworden. Jede Gesundheitsreform ärgere einen. Damals waren sie acht Mitarbeiter, heute die Hälfte. Doch trotz alledem könne sich Simone Ladwig einen anderen Job nicht vorstellen. Was sie bedrückt: Viele Menschen haben nicht das Geld, benötigte Medikamente zu bezahlen. Da mache man sich schon seine Gedanken, blickt sie nachdenklich und etwas sorgenvoll in die Zukunft.