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Bitterfeld Bitterfeld: Alte Röhrenradios erklingen wieder

01.01.2014, 16:21
Radioröhren
Radioröhren Fotolia Lizenz

Bitterfeld/MZ. - In den Räumen, die sich unter dem Dach des Mehrfamilienhauses von Familie Rasenberger befinden, wird es langsam eng. Denn Lutz Rasenberger sammelt aus Leidenschaft Röhrenradios, die er originalgetreu wiederherstellt. Zu begutachten ist die nostalgische Rundfunktechnik unterm dem Dach, in einem Raum, in dem eigentlich die Wäsche trocknen soll. Alle Geräte sind mit einem Schild versehen, auf dem man das Baujahr, den Hersteller und die Anzahl der Röhren erfährt. „Und wenn meine Frau den Lichtschalter anmacht, spielt für sie auch die Musik“, verrät der Hobby-Sammler.

Über 100 Radios

Seitdem er denken kann, sammelt der Bitterfelder die Geräte. „Die einen sammeln gern Briefmarken und ich eben Radios.“ Mehr als 100 Geräte sind im Haus verteilt. Viele spielen auch wieder, denn: „Für mich ist nicht das Sammeln das Wichtigste, sondern das Reparieren und Restaurieren.“ Dafür hat er sich auch auf dem Dachboden eine kleine Werkstatt eingerichtet. Hier werkelt er fast täglich, denn er möchte die Radios originalgetreu wiederherstellen.
„Dafür braucht man manche handwerklichen Tricks und Kniffe, mit modernen Bauelementen kommt man hier meist nicht weiter.“


Als Jugendlicher hatte Rasenberger bereits großes Interesse an Rundfunktechnik gezeigt und bastelte gern an den Schaltungen herum, die sich in Geräten befanden. Aber die Lehrstellen waren zu DDR-Zeiten knapp. Deshalb hat er sich für eine Ausbildung zum BMSR-Mechaniker entschieden, „weil es zumindest ein bisschen was mit Elektrotechnik zu tun hatte“. Mit 18 Jahren war er außerdem gezwungen, seine erste Sammlung aufzulösen, da er in eine kleine Wohnung nach Wolfen gezogen ist. Nach der Wende ging es dann zurück nach Bitterfeld und prompt ging die Sammelei wieder los. Das war aber gar nicht so einfach, denn Freunde und Bekannte hatten fast alles weggeschmissen. „Ich habe überall nachgefragt und auf Flohmärkten geschaut.“ Auch Dank dem Internetauktionshaus Ebay konnte er seine Sammlung vergrößern. „Da gab es Mitte der 1990er Jahre für wenig Geld richtige Kostbarkeiten“, verrät er.


Ein bisschen Glück hatte er aber auch, denn er konnte die Radiosammlung von dem verstorbenen Mann einer älteren Dame übernehmen, die aus der Bitterfelder Umgebung kommt. „Sie hing an den Radios ihres Mannes, aber Verwandte hatten kein Interesse, entsorgen wollte sie die Radios nicht, und deswegen konnte ich die Stücke für einen kleinen Obolus erwerben.“

Kein Lieblingsstück

Mittlerweile ist ihm seine Sammlung ein bisschen über den Kopf gewachsen. „Man darf nicht alles sammeln, sondern nur besondere Geräte“, weiß er. Deswegen muss oft aussortiert werden. „Ich hab’ ja nur ein begrenztes Reich.“
Ob er ein Lieblingsstück hat? „Nein, ich habe mich über jedes Gerät gefreut, was wieder spielt, und wirklich wertvoll ist keins.“ Viele Radios der Sammlung stammen aus der DDR-Produktion. Von Ein-Röhren-Empfängern bis zum Großsuper-Stradivari mit elf Röhren. Stolz ist er auf die kleinen Kofferradios, die auch in den Anfangszeiten mit Röhren bestückt waren. Das sind Raritäten, weil ab Mitte der 1960er Jahre die Röhren durch Transistoren abgelöst wurden. Das hatte den Vorteil, dass die Geräte nun nicht mehr so schwer und groß waren und weniger Strom verbrauchten. Für Kofferradios mit Röhren brauchte man deshalb viele Akkus, weswegen sie nur in ganz seltenen Fällen klein waren.

Die ältesten Radios im Hause Rasenberger stammen aus dem Beginn der 1930er Jahre und sind von Mende, Lorenz und Loewe-Opta. Darunter sind auch einige Volksempfänger. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden davon besonders viele hergestellt. Sie waren günstig zu erwerben, damit jede Familie über Rundfunk für die NS-Propaganda zu erreichen war. Heute erklingt auch aus diesen Musik.