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Beerdigungen in Anhalt-Bitterfeld Beerdigungen in Anhalt-Bitterfeld: Wenn das Geld nicht reicht

Von Ute Hartling-Lieblang 17.12.2013, 16:53
In Bitterfeld soll das Wild vom Friedhof ferngehalten werden.
In Bitterfeld soll das Wild vom Friedhof ferngehalten werden. Rebsch Lizenz

Bitterfeld/MZ - Die Zahl der Sozialbestattungen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld weist in den letzten Jahren keine steigende Tendenz auf. 2011 wurden vom Sozialamt des Landkreises 65 000 Euro dafür ausgegeben, 2012 waren es rund 87 000 und in diesem Jahr sind es bisher etwa 49 000 Euro, erklärt Sachgebietsleiter René Braunsdorf. Für rund 80 Sterbefälle müssen er und seine Mitarbeiter pro Jahr die Übernahme von Bestattungskosten prüfen.

Eine der zuständigen Sachbearbeiterinnen für Sozialhilfe ist Petra Halbekath. „Erfasst werden bei uns nur die Fälle, in denen Angehörige vorsprechen“, stellt sie klar. Die meisten Angehörigen kämen erst zum Amt, wenn die Bestattung bereits erfolgt ist. Der Antrag muss spätestens zwei Monaten nach Bekanntwerden des Sterbefalles gestellt sein. Eine Voraussetzung für die Kostenübernahme ist, dass diese angemessen sind. In der Regel handelt es sich um eine anteilige Erstattung.

Keine großen Unterschiede

Etwa 50 Prozent der Anträge werden bewilligt, erklären Braunsdorf und Halbekath. Von den rund 1 800 Bestattungen, die es in Anhalt-Bitterfeld pro Jahr gibt, sind also nur 40 bis 50 Sozialbestattungen. Dabei gebe es keine großen Unterschied zwischen dem Zuständigkeitsbereich Köthen/Zerbst und Bitterfeld, so Braunsdorf.

Auch Sozialbestattungen finden in einem würdigen Rahmen statt, unterstreichen die Mitarbeiter des Sozialamtes. Man erkenne solche Grabstätten in der Regel auf dem Friedhof nicht.

Denn die Angehörigen können auch bei einer Sozialbestattung wählen, ob sie ein Urnengrab oder eine Erdbestattung wünschen. Bestattet wird in der Regel auf dem Heimatfriedhof. In den allermeisten Fällen sind es Bezieher einer Grundsicherung, also Hartz IV-Empfänger oder Menschen mit kleiner Rente, die einen solchen Antrag beim Sozialamt stellen.

„Die meisten Verstorbenen haben Erspartes“, begründet Petra Halbekath, warum der Landkreis in relativ wenigen Fällen die Kosten für eine Sozialbestattung übernimmt. Neben Immobilien zählen unter anderem Lebensversicherungen, Sterbegeld, Genossenschaftsanteile, Mietkautionen oder Fahrzeuge zum Nachlass des Verstorbenen, der in voller Höhe zur Begleichung der Bestattungskosten einzusetzen ist. Die Vermögensgrenze, die nicht angetastet wird, liegt bei etwa 2 600 Euro.

"Bei uns liegen noch Anträge vom Vorjahr"

Wenn jemand sein Haus zum Beispiel schon zu Lebzeiten übereignet oder verkauft hat, werde geprüft, ob per Notarvertrag ein Wohnrecht eingetragen oder die Übernahme der Bestattung geregelt wurde, erklären Braunsdorf und Halbekath.

Solche Dinge sollten zum Beispiel Lebenspartner frühzeitig bedenken, rät Petra Halbekath. Will man, dass der Lebenspartner bestattungspflichtig wird, muss das per Testament geregelt werden. Denn bindend ist für das Sozialamt die gesetzliche Erbfolge laut BGB. Neben dem Ehepartner können also auch Kinder, Eltern oder Geschwister zur Bestattung ihrer Angehörigen verpflichtet werden, bevor das Sozialamt einspringt.

Bei der gesetzlichen Erbfolge genüge es also auch nicht, dass einzelne Hinterbliebene das Erbe ausschlagen, um der Zuständigkeit für die Bestattung zu entgehen, machen die beiden Landkreismitarbeiter deutlich.

Bei Antragstellern, deren Angehörige keinen ausreichenden Nachlass hinterlassen haben, gilt, dass man den doppelten Regelsatz für den Grundbedarf plus Kaltmiete ermittelt, um festzustellen, ob sie zu den Bestattungskosten herangezogen werden können. Nicht selten müssen auch die Nachlassgerichte eingeschaltet werden, um Hinterbliebene ausfindig zu machen und deren finanzielle Leistungsfähigkeit zu überprüfen, schildert Braunsdorf. Das geschieht in der Regel auch dann, wenn ein Angehöriger das Erbe ausschlägt.

Bis alles überprüft sei, könne manchmal ein Jahr vergehen, räumt Halbekath ein. Es habe aber auch schon den Fall gegeben, dass das Nachlassgericht sagt, es gebe keine Erben und dann sei man doch noch fündig geworden. „Auch bei uns liegen noch Anträge vom Vorjahr“, bestätigt die Sachbearbeiterin. „Das sind die komplizierten Fälle.“

Als angemessen sieht das Sozialamt Kosten für eine Sozialbestattung an, wenn sie beim Urnengrab 1 500 und bei Erdbestattungen 2 300 Euro nicht übersteigen. Das ist aber von Fall zu Fall sehr unterschiedlich und hängt vor allem von den unterschiedlichen Friedhofsgebühren der Städte und Gemeinden ab.

Nicht übernommen werden zum Beispiel die Kosten für Zeitungsanzeigen, den Trauerredner sowie Aufwendungen für die Erledigung von Formalitäten, erklärt Petra Halbekath.

Während die Kosten für Grabplatten zusätzlich zu den Bestattungskosten gewährt werden können, kommt das Amt für Grabsteine und Grabsteineinfassungen nur auf, wenn die jeweilige Friedhofssatzung diese vorschreibt. Allerdings werde auch hier geschaut, was notwendig ist.

Ordnungsämter in der Pflicht

Sollte kein Angehöriger auffindbar sein, tritt die sogenannte Ersatzvornahme in Kraft. Das heißt, die Ordnungsämter der Kommunen sind zuständig und müssen die Bestattung in Auftrag geben, so Braunsdorf.

Petra Halbekath macht es an einem Beispiel aus Köthen deutlich: Im Februar hatten wir einen Fall, wo ein Sohn des Verstorbenen das Erbe ausgeschlagen hat. Es bestand so gut wie kein Kontakt zwischen beiden. Der Sohn war seinerseits auch nicht zahlungsfähig. Hier blieb letztlich die Stadt auf den Bestattungskosten sitzen.

Ordnungsämter haben aber in einem solchen Fall das Recht, sich Zugang zur Wohnung des Verstorbenen zu verschaffen und sich über dessen finanzielle Verhältnisse bei Banken und Behörden zu informieren, um sich die Kosten zurückzuholen.

Das Sozialamt sei in einem solchen Fall nicht zuständig.