Hausarztpraxis in Zörbig Auf die Übernahme folgt ein Ortswechsel: Wo Hausarzt Florian Gernert ab Mai seine Patienten behandelt
Florian Gernert führt die Zörbiger Hausarztpraxis von Fidelio Ihle weiter. Auch das Team bleibt. Nicht aber der Standort der Praxis. Was die Hintergründe sind.

Zörbig/MZ. - Viele Menschen kennen ihn, noch bevor er das erste Rezept unterschrieben hat. Florian Gernert ist zurück – als Hausarzt in seiner Heimatstadt Zörbig. Seit dem 1. April behandelt er dort Patienten in der Lindenstraße, wo über drei Jahrzehnte lang Diplom-Mediziner Fidelio Ihle praktiziert hatte.
Der Wechsel im Zörbig Praxisbetrieb war vorbereitet, jedoch bleibt der Ort nicht derselbe
Der Wechsel im Praxisbetrieb war vorbereitet, jedoch bleibt der Ort nicht derselbe. Denn das Gebäude, in dem sich die Praxis befindet, ist zugleich Wohnhaus. Eine dauerhafte Nutzung sei daher ausgeschlossen. „Ich wusste, dass es hier in der Lindenstraße nur ein Übergang sein wird“, sagt Gernert. „Und gleichzeitig war klar: Ich will das machen. Ich will diesen Platz übernehmen – mit Verantwortung und Perspektive.“
In neun Tagen öffnet deshalb seine neue Praxis in Radegast. Der Standort wechselt, das Team bleibt. Und auch der Anspruch: nah dran zu sein am Menschen. Gernert, Jahrgang 1975, stammt aus Zörbig und war viele Jahre als Facharzt für Allgemeinmedizin in Köthen tätig, bevor er zuletzt in einer Gemeinschaftspraxis in Köthen arbeitete. Der Wunsch nach einer eigenen Praxis sei schon lange gereift, erzählt er.
„Die Hausarztmedizin ist für mich die spannendste Aufgabe. Sie verlangt Breite, Ausdauer und echtes Interesse am Menschen.“ Die Nachfolge von Fidelio Ihle sei für ihn eine Gelegenheit gewesen, die er ergreifen wollte. „Als sich die Tür geöffnet hat, habe ich nicht lange gezögert.“ Dass er nun in Radegast neu beginnt, sei kein Bruch, sondern ein Schritt nach vorn. „Ich hätte gern in Zörbig alternative Praxisräume übernommen, aber es gab keine realistische Möglichkeit. Wir haben gesucht, aber die Anforderungen für moderne medizinische Versorgung sind heute komplex. Räume mit Charme reichen nicht – es braucht Struktur, Genehmigung, Technik.“
Die Entscheidung für Radegast sei daher keine Flucht, sondern eine Lösung gewesen. Eine, mit der auch das bestehende Team mitgeht. Drei Arzthelferinnen haben die Praxis über Jahre mitgetragen: Manja Möhring, Eike Nieme und Jana Pätzke bleiben Gernert erhalten. Verstärkt wird das Team durch seine Ehefrau Sina. Möhring sagt: „Natürlich ist das emotional. Wir hatten gehofft, in Zörbig bleiben zu können.
Aber es ging nicht – und was zählt, ist, dass es überhaupt weitergeht. Mit einem Arzt, der zuhört.“ Die Übergangszeit ist klar terminiert. Bis zum 13. Mai wird in der Lindenstraße behandelt, vom 14. bis 16. Mai bleibt die Praxis geschlossen. Am 19. Mai beginnt der Neustart in der Zörbiger Straße 1c in Radegast.

Der Wechsel erfolgt ohne lange Unterbrechung – ein Kraftakt in kurzer Zeit. „Wir bauen auf – ganz buchstäblich. Aber wir nehmen auch viel mit“, sagt Gernert. Sein Vorgänger Fidelio Ihle begleitet den Wechsel mit wachem Blick – und spürbarer Wehmut. „Das war mein Lebenswerk. Ich habe hier Kinder behandelt, die später selbst Eltern geworden sind. Da entstehen Bindungen, die kann man nicht einfach abstreifen.“
Ihle ist dankbar, dass ein Nachfolger gefunden wurde, der aus der Region stammt und bleiben will. „Er macht das anders, klar – aber er macht es aus Überzeugung. Und das ist das Entscheidende.“
Zörbigs Bürgermeister Matthias Egert (CDU) hat die Entwicklung von Anfang an begleitet - Für ihn ist der Wechsel ein realistischer Kompromiss
Bürgermeister Matthias Egert (CDU) hat die Entwicklung von Anfang an begleitet. Für ihn ist der Wechsel ein realistischer Kompromiss. „Wir hätten gern eine Lösung in Zörbig gefunden. Aber geeignete Räume gab es nicht. Wir haben mit verschiedenen Eigentümern gesprochen, Optionen geprüft, aber die Zeit war zu knapp.“ Die Stadt sei mit dem Thema nicht überfordert, aber limitiert. „Uns wird vorgeworfen, dass wir die Praxis verlieren, aber das stimmt so nicht. Wir haben eine Lösung möglich gemacht, auch wenn sie einen Ortswechsel bedeutet.“
Gernert denkt längst weiter. Er will digitale Wege ausprobieren, über Prävention sprechen, Hausbesuche anbieten – wenn es zeitlich möglich ist. Vor allem aber will er: zuhören. „Ich glaube nicht an Fließbandmedizin. Ich glaube an Nähe. Und an Zeit. Ich möchte verstehen, warum die Menschen zu mir kommen – nicht nur, was ihnen fehlt.“