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Anschlag auf Linke-Büro Anschlag auf Linke-Büro: Neue Stufe der Gewalt in Bitterfeld erreicht

Von Lisa Garn 07.05.2015, 14:41
In die eingeworfene Scheibe wurde nach dem zweiten Anschlag ein Holzbrett eingesetzt.
In die eingeworfene Scheibe wurde nach dem zweiten Anschlag ein Holzbrett eingesetzt. Thomas Ruttke Lizenz

Bitterfeld - Auf das Wahlkreisbüro der Linken in der Bitterfelder Kirchstraße ist Mittwochnacht ein Anschlag verübt worden. Ein Unbekannter hat gegen 22.30 Uhr einen Gullideckel durch eine Scheibe des Gebäudes geworfen und Reizgas hinein gesprüht. In dem Raum arbeitete gerade ein Mann am Computer. Er wurde nicht verletzt und beobachtete, wie der Tatverdächtige in Richtung Markt floh. Die Polizei ermittelt wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung.

Reizgas gesprüht

„Ein politisches Motiv ist nicht ausgeschlossen, allerdings auch nicht bestätigt“, sagte Doreen Wendland von der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost. Ein Zusammenhang mit den Ereignissen und Übergriffen der vergangenen Wochen werde geprüft. Der Anschlag galt zwar offensichtlich dem Wahlkreisbüro des Bundestagsabgeordneten Jan Korte und der Landtagsabgeordneten Dagmar Zoschke, getroffen wurde allerdings das benachbarte Büro eines selbstständigen Computerdienstleisters. Von außen ist diese Trennung in der Kirchstraße jedoch nicht klar erkennbar - denn die Parteibezeichnung Die Linke steht über die gesamte Fensterfront geschrieben. Während des Anschlags waren Mitarbeiter des Wahlkreisbüros nicht mehr zugegen. Doch bei Jürgen Morbach brannte nachts noch Licht. Er hatte Glück, dass er nicht in der Nähe des Fensters arbeitete, als der Gullydeckel flog. Sofort nach dem Scheibeneinwurf wurde Reizgas gesprüht.

Der Bundestagsabgeordnete Jan Korte wertet den Vorfall als offenen Anschlag auf das Wahlkreisbüro. „Es ist erschütternd, dass hier eine mögliche Verletzung und Versehrtheit in Kauf genommen wurden. Und ich hoffe, dass die Polizei schnell zu sicheren Erkenntnissen kommt.“ Für Wolfgang Kutz, Mitarbeiter für Korte im Wahlkreisbüro, ist mit diesem Anschlag eine „neue Stufe der Gewalt erreicht“. „Was geschieht das nächste Mal? Passiert dann etwas am Tag? Wir sind ein offenes Büro. Das verunsichert die Leute, die dann womöglich nicht mehr in die Bürgersprechstunde kommen.“

Die Lage hat sich in Bitterfeld zugespitzt. Ausgangspunkt waren Mahnwachen auf dem Marktplatz. Da dort auch Mitglieder des rechten und rechtsextremen Spektrums vertreten gewesen sein sollen, haben links orientierte Personen protestiert. Die Situation eskalierte.

Am Ostermontag folgte eine linke Spontandemo, bei der teilweise Vermummte durch die Stadt zogen. Kurz darauf marschierten Rechtsextreme durch Bitterfeld. In der Nacht zum 18. April wurde auf das Alternative Kulturwerk mit Molotowcocktails ein Brandanschlag verübt.

Der Büronachbar und Computerexperte Jürgen Morbach vermutet, dass mit dem Übergriff „die Stimmung aufgeheizt werden soll“. Er selbst habe bis auf eine Reizung und Rötung der Augen keine Verletzungen davongetragen. Es ist nicht das erste Mal, dass das Büro von Morbach angegriffen wurde. Bereits zu Ostern war die Eingangstür - die nicht unmittelbar an der Kirchstraße liegt, sondern in einem Winkel - großflächig mit schwarzer Sprühfarbe beschmiert worden, unter anderem mit einem politischen Spruch. Außerdem hatten Unbekannte den Türrahmen fast vollständig mit Bauschaum besprüht und das Schloss unbrauchbar gemacht. Zudem waren die Schlösser von Briefkästen verklebt. (mz)