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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Steuern für Zweitwohnsitz in Bitterfeld-Wolfen?

Von ulf Rostalsky 17.10.2012, 11:35
Rund 1800 Einwohnern von Bitterfeld-Wolfen drohen Zweitwohnsitzsteuern in Höhe von zehn Prozent der Jahresnettokaltmiete. (ARCHIVFOTO: DPA)
Rund 1800 Einwohnern von Bitterfeld-Wolfen drohen Zweitwohnsitzsteuern in Höhe von zehn Prozent der Jahresnettokaltmiete. (ARCHIVFOTO: DPA) Dirk Averesch

Bitterfeld-Wolfen/MZ. - In Bitterfeld-Wolfen gibt es derzeit 1 827 Zweitwohnungen. Deren Mietern könnten in absehbarer Zeit Steuerbescheide ins Haus flattern. Zehn Prozent der Jahresnettokaltmiete möchte die Stadt als Zweitwohnungssteuer kassieren: Vorausgesetzt, der Stadtrat folgt dem Vorschlag der Verwaltung und der Sonderarbeitsgruppe Haushaltskonsolidierung.

Das dürfte jedoch reichlich Überzeugungsarbeit voraussetzen. Zwar berufen sich Verwaltung und Arbeitsgruppe auf das Haushaltskonsolidierungskonzept der finanziell in arger Schieflage befindlichen Stadt und die eingegangene Verpflichtung zur Einnahmeerhöhung. Im Ausschuss für Recht, Ordnung, Verkehr und Bürgeranfragen gab es hingegen den ersten Dämpfer. Das Gremium will die Behandlung des Themas zumindest solange aussetzen, bis rechtliche Möglichkeiten und finanzielle Auswirkungen sowie ein möglicher Imageverlust genau untersucht worden sind. Die Stadt kann bei der Zweitwohnungssteuer momentan nicht mehr, als weissagen.

Die 1 827 Zweitwohnungen sind quer über die Stadt verstreut. Die meisten befinden sich in Bitterfeld (778) und Wolfen (583), die wenigsten in Zschepkau (sieben). Fest steht, dass davon wenigstens 191 Wohnungen von Personen unter 18 Jahren und 315 von Mietern abgezogen werden müssen, die die Unterkunft nur beruflich bedingt benötigen, andernorts aber gemeldet sind und in eingetragener Partnerschaft leben. Dieser Personenkreis ist generell von der Zahlung befreit.

Verbleiben also 1 321 mögliche Steuerzahler. Allerdings greift die Rathausmannschaft auch hier zum Rotstift. Maximal ein Drittel (396) der Zweitwohnungsinhaber würden bei einer darauf erhobenen Steuer die Wohnung behalten, so die Prognose anhand von Vergleichszahlen aus anderen Kommunen. Doch das scheint die Verwaltung wenig zu stören. Im Gegenteil: Meldet sich der Großteil der jetzigen Zweitwohnungsmieter dauerhaft in der Stadt Bitterfeld-Wolfen an, um die Abgabenlast zu umgehen, sprudelt sogar mehr Geld in die Kasse als durch die neue Steuer selbst.

Der Schlüssel ist das Finanzausgleichsgesetz und die damit geregelten Finanzzuweisungen. Pro Einwohner bleiben Bitterfeld-Wolfen derzeit 631 Euro pro Person und Jahr. Bei prognostizierten 70 Prozent Ummeldungen wären das 594 mehr Dauereinwohner und damit 455 000 Euro mehr Zuweisung. Hinzu käme die neue Zweitwohnsitzsteuer für die verbliebenen Mieter in Höhe von gut 80 000 Euro.

Das Zahlenspiel hat allerdings gleich mehrere Haken. So ist völlig unklar, ob sich die betroffenen Mieter tatsächlich so verhalten, wie angenommen. Unbekannt ist außerdem, inwieweit das neue Finanzausgleichsgesetz verlässliche Rechnungen mit bisher bekannten Zahlen erlaubt. "Und was ist mit den Wohnungsunternehmen?" Für Detlef Pasbrig (SPD) ist nicht ausgeschlossen, dass ein Großteil der betroffenen Mieter der Stadt den Rücken kehrt. Die Annahme vom weiteren Leerstand macht die Runde. Joachim Sabiniarz (Freie Wähler Greppin) indes zweifelt die von der Stadt übermittelten Zahlen an. Mehr als 100 Zweitwohnungen in Greppin kann er sich nicht vorstellen. Rechtsanwalt Egbert Gueinzius (Pro Wolfen) schließlich mahnt zum Blick ins Detail. Der Satzungsentwurf beschreibt als Grundlage für die Steuererhebung einen gültigen Mietvertrag. "Was, wenn es einen solchen gar nicht gibt? Wenn die Wohnung einfach nur zur Verfügung gestellt worden ist?"