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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Grundwasser steigt bis 2025

Von DETMAR OPPENKOWSKI 03.11.2010, 16:57

BITTERFELD/MZ. - "Allein in Mitteldeutschland haben wir eine massive Zahl an Meldungen", sagt die Arbeitsgruppenleiterin der Lausitzer- und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), Elke Kreische-König, und schätzt die in den vergangenen Wochen in Mitteldeutschland wegen Vernässung angezeigten Objekte auf etwa 600. "Doch nicht alles, was mit Wasser zu tun hat, ist Aufgabe der LMBV", sagt sie, denn laut Paragraph 3 des Verwaltungsabkommens Braunkohlesanierung werden nur "finanzielle Mittel für Maßnahmen zur Abwehr von Gefährdungen im Zusammenhang mit dem Wiederanstieg des Grundwassers" bereitgestellt.

Wasser ist nicht gleich Wasser

Dazu muss man zweierlei wissen. Zum einen werden die vernässten Keller - die jetzt gemeldet wurden - von der LMBV nicht ausschließlich auf den Grundwasserwiederanstieg zurück geführt. "Wir haben ein meteorologisches Extremjahr mit ergiebigen Niederschlägen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht schnell genug versickern konnten", sagt sie. Übersetzt: Das Wasser in den Kellern, das durch den Starkniederschlag verursacht wurde, ist nicht Aufgabe der LMBV. "Wir werden aber alle Meldungen bis zum März 2011 auswerten. Betroffene können - so oder so - Sofortmaßnahmen, also etwa Pumpen, bis zu 80 Prozent bei uns in Rechnung stellen."

Zum zweiten muss man auch wissen, dass der Paragraph 3 nur auf bestimmte Gebiete anwendbar ist, weil durch ihn nur Fälle reguliert werden können, die mit dem Tagebau zwischen 1945 und 1990 zusammenhängen. Schaut man auf die Karten von Elke Kreische-König so sieht man drei eingezeichnete Ringe. Ein Ring umkreist den Gröberner See und den Gremminer See. Der zweite Ring umfasst die Goitzsche, den Ludwigsee, den Neuhauser See, den Paupitzscher See und den Holzweißiger Ost-See. Der dritte Ring ist um das Tagebaugebiet um den See Köckern eingezeichnet. Hier ist also das Zuständigkeitsgebiet der LMBV.

Daraus ergeben sich für Zscherndorf, Bitterfeld, Muldenstein und Greppin unterschiedliche Konsequenzen. Während Zscherndorf und Bitterfeld innerhalb der Paragraph-3-Demarkationslinie liegen und somit durch die LMBV unterstützt werden, befinden sich Muldenstein und Greppin außerhalb dieser Linie und damit auch außerhalb der LMBV-Zuständigkeit.

Anstieg noch nicht abgeschlossen

Eine Frage, die sich trotz der unterschiedlichen Verantwortlichkeiten für die vier Ortschaften stellt, lautet: Gibt es in der Region ein sich verschärfendes Grundwasserproblem? "Es vollzieht sich zumindest ein bergbaubedingter Grundwasserwiederanstieg", so die Antwort. Belegt wird dies durch LMBV-Messpunkte. Etwa 1 500 gebe es alleine an der Goitzsche und in Bitterfeld. Doch die Tatsache, dass das Grundwasser wieder ansteige, habe die LMBV auch nie verheimlicht. "Das Grundwasser wird sich annähernd auf dem Niveau von vor 200 Jahren - also bevor der Bergbau begann - einpegeln. Dieses Niveau wird etwa 2025 wieder erreicht sein." Ein Problem dabei sei, dass trotz der unterschiedlichen Berechnungen und Modelle niemand genau wisse, wo der Grundwasserspiegel etwa um 1850 lag. Ein weiteres Problem liege darin, dass Siedlungen in Gebieten errichtet wurden, nachdem man das Grundwasser aufgrund des Tagebaus und der Industrieansiedlungen künstlich abgesenkt hatte. "Bis 1990 war das alles kein Thema, da das Wasser bis zu diesem Zeitpunkt abgepumpt wurde." Doch mit dem Tagebau wurden auch die Pumpen stillgelegt. Dass der danach einsetzende Wiederanstieg des Grundwassers mit der Renaturierung und Flutung der Tagebaurestlöcher zusammen hänge, sei nachweislich nicht der Fall. "Die Seeherstellung hat keine negativen Auswirkungen auf die Grundwasserstände."

Wie geht es weiter?

Doch wie wird nun weiter verfahren? Die Antwort kann man mit "Schutz" und "Regulierung" umreißen. So werde einerseits beim Schutz gegen den Grundwasseranstieg unter Einbeziehung wirtschaftlicher Aspekte nach individuellen oder großräumigen Lösungen gesucht, andererseits müssten zur Regulierung des Regenwassers auch die Oberflächensysteme, etwa historische Grabensysteme, bis 2025 wieder reaktiviert werden. Interessant ist, dass die Finanzierungsgrundlage für das Verwaltungsabkommen Braunkohlesanierung (VA IV) vorerst nur bis zum Jahr 2012 geregelt ist. Ein Verwaltungsabkommen V bis 2017, das für die Region äußerst wichtig ist, werde derzeit besprochen.