Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Firma baut hyperintelligente Staubsauger
Pouch/MZ. - Staub - wie man sich auch dreht und wendet, er ist überall. Und liegt er nicht gerade dicht bei dicht, ist er sogar unsichtbar. Doch diesen winzigen Teilchen ist ein Unternehmen aus Pouch auf der Spur. Grimm Aerosol baut Geräte, die das können - die penibelsten Staubsauger der Welt. Daten aus ihrem Inneren sagen nicht nur, wie der Staub beschaffen ist, sondern lassen auch Rückschlüsse zu, wie man ihm beikommen kann.
Das Unternehmen, das in Bayern seine Wurzeln und sein Stammhaus hat, baut in Pouch "die reine Technik", wie Betriebsleiter Jürgen Bley sagt. Messgeräte eben. Diese saugen Luft an und messen die enthaltene Menge und Größe des Feinstaubs. Das tun sie rund um die Uhr, jahrelang. Und so schnell, wie es kaum ein anderes Gerät kann. Das Geheimnis liegt darin, dass Grimm Aerosol mit optischen Methoden den Winzlingen auf die Spur kommt.
Das Verfahren wurde hier entwickelt. "Wir hatten das schon, bevor das mit dem Feinstaub Mode wurde", sagt Bley. "Ein Glück für uns." Während andere Messverfahren darauf beruhen, Staub zu sammeln und dann einen Mittelwert auszuwiegen, liegen die Ergebnsse der Grimm-Geräte ohne Zeitverzug auf dem Tisch. "Der Computer sammelt sie, stellt sie grafisch dar und stellt sie sofort ins Netz", erklärt Bley. So kann man überall in der Welt und sofort Rückschlüsse ziehen zum Beispiel auf die Partikelkonzentration zur Feierabend-Stunde auf der Schnellstraße. Oder zu angewehten Staubwolken über den Himalaya-Gletschern. Zur Belastung am Arbeitsplatz, zur Befeuerung der Raucher-Lunge. Und vieles mehr.
Und das in der ganzen Welt. Grimm-Messtechnik steht für die Forschung am Nordpol und auf dem Mount Everest, sie steht an sensiblen Arbeitsplätzen genauso wie in den Testlabors von Autoherstellern und namhaften Zigarettenproduzenten. Und sie wird genutzt, um Nanopartikel zu erkennen und zu analysieren. Gebraucht wird sie dort, wo es um höchste Luftreinheit und um medizinische Erkenntnisse geht. Mit ihrer Hilfe ist es fast ein Kinderspiel, die Quellen zu finden, aus denen die nicht gewollten Partikel kommen.
Angefangen hat in Pouch alles mit der Konstruktion und dem Bau von Geräten, die Immissionswerte an Arbeitsplätzen sowie Staubpartikel, die die Qualität eines Produkts beeinflussen, messen. Dann kamen jene Geräte hinzu, die die Umwelt überwachen. Und dem Trend der Wissenschaft folgend - haben die Konstrukteure nun auch solche entwickelt, die Partikel sichtbar machen. Ihre Größe wird in Nanometer angegeben. Ein Nanometer - das ist die sechste Stelle hinter dem Komma. Das Verhältnis eines Nanometers zu einem Meter gleicht dem einer Haselnuss zur Erdkugel.
In Pouch stehen diese Präzisionsgeräte im Regal. Sie werden behandelt wie rohe Eier. Wie sie funktionieren, ist für den Laien schwer zu verstehen. Es geht - irgendwie mit Alkohol und Laser und einem elektrischen Feld. Dies ist laut Bley, "wissenschaftlich ganz schön hoch angebunden". Und die Konkurrenz sei hart. Vor allem jene aus Amerika, die gar nicht gern sehe, was sich in Pouch so tut.
Inzwischen werden hier auch Geräte hergestellt für ganz spezielle Messungen. Einzelstücke. Zum Beispiel tüfteln die Entwickler und Konstrukteure gerade an einem System und einem Gerät für einen Zigarettenhersteller. Das soll messen, wie viel und welcher Staub beim Rauchen entsteht und wie er Gesundheit und Umwelt belastet.
Ronny Schleicher und Frank Scharf sind Spezialisten für Einzelstücke und Sondersachen. "Das ist eine Stärke der Firma", meint Konstrukteur Scharf. Er ist glücklich, über die Arbeitsvermittlung gerade hier, bei Grimm, gelandet zu sein. Der geistige Anstoß für die Entwicklungen, sagt Schleicher, der die Firma schon als Azubi kennt, komme "von drüben". Drüben - das ist die ehemalige Schule von Pouch, die das Unternehmen vor einigen Jahren dazu genommen und umgebaut hat, weil der Bereich für die Nano-Geräte Platz brauchte. Dort qualmen wie früher schon die Köpfe, denn dort sitzen die Entwickler und Forscher.
"Entwicklung ist Denkarbeit am PC", bringt es Daniel Huhn auf den Punkt. Der 27-Jährige, der als Azubi hier gelernt hat, hat in der Produktion für Spektrometer angefangen. Dann wurde er mal hier rüber ausgeliehen für ein Projekt, erzählt er. "Ich bin hier geblieben. Das ist mein Hobby und das ist mein Beruf. Was will man mehr", meint er. "Das ist stressig, aber eben sehr abwechslungsreich. Ich will jetzt noch ein Studium dranhängen."
Jetzt aber muss er erstmal mit den anderen im Team ein komplettes Geräte-Systems für einen Zigaretten-Hersteller entwickeln. Die Glimmstängel müssen kontrolliert abbrennen - so, als würden sie wirklich geraucht. Dafür schreibt Huhn die Software. Die Hardware haben seine Kollegen Schleicher und Scharf "drüben" bereits gebaut. "Das ist schon ein anspruchsvolles Projekt", meint er. "Der Reiz liegt darin, etwas zu entwickeln, was es noch nicht gibt." Von der Leiterplatte bis zum fertigen Gerät - wie es der Auftraggeber will.