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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Der Farbfilm ist gefragt wie noch nie

Von EHRHARD FINGER 19.04.2011, 16:04

WOLFEN/MZ. - Ab Juli 1945 hatte die sowjetische Militäradministration in der Filmfabrik das Sagen. Die Verpflichtung von Technikern und Wissenschaftlern für den Einsatz in der zerstörten Filmfabrik in Schostka (Ukraine) und die Reparationsleistungen erschwerten natürlich die Wiederaufnahme der Produktion in Wolfen.

Trotzdem konnte 1948 das vor dem Krieg nur in Versuchsproduktion gefertigte Color-Papier in die Serienproduktion überführt werden. Mit der Produktionseinführung eines speziellen Duplizierfilms konnte der Kinoindustrie 1950 erstmals ein Material zur Vervielfältigung des kostbaren Negativs übergeben und damit das Agfacolor-Verfahren erweitert werden.

Ein Jahr später nahm das erste Investitionsvorhaben auf dem Filmsektor nach dem Zweiten Weltkrieg - die Begießerei IV - den Betrieb auf. Die Nachfrage nach Farbfilm war groß und sie wuchs weiter. Die deutsche Kinoindustrie war 1950 wieder in der Lage, Farbspielfilme zu produzieren. Der im Krieg begonnene Streifen "Die Fledermaus" wurde fertig gestellt, es folgten "Die steinerne Blume" auf Agfacolor, später "Kind der Donau" mit Marika Rökk und andere.

Im September 1950 erlebte mit dem von der Westberliner Berolina-Film produzierte Operettenfilm "Schwarzwaldmädel" der erste deutsche Nachkriegs-Farbspielfilm mit Sonja Ziemann und Rudolf Prack seine Uraufführung. Er wurde nicht als Agfacolorfilm sondern als "der erste neue deutsche Farbfilm" angekündigt. Drei Monate später: "Das kalte Herz" mit Erwin Geschonneck in der Hauptrolle wurde von der DDR wiederum als der "erste deutsche Nachkriegsfarbfilm" bezeichnet. Der farblich ausgezeichnete und von aufwendigen Trickaufnahmen geprägte Streifen erhielt damals in Karlovy Vary den Preis für den besten Farbfilm. Waren bis 1950 alle deutschen Farbspielfilme auf Wolfener Material produziert worden, änderte sich die Situation nun. 1950 begann die in Leverkusen neu errichtete Agfa-Filmfabrik damit, Rohfilm für die Kinofilmherstellung zu produzieren. Der erste Film auf Leverkusener Farbmaterial war "Sensation in San Remo" mit Marika Rökk in der Hauptrolle.

Dann kam mit "Grün ist die Heide" der erste Farbfilm, der nicht auf Agfa-Film produziert wurde. Der Lönsfilm wurde auf Material des belgischen Rohfilmherstellers Geveart gedreht. Der qualitativ gute Gevacolor-Film war unter Nutzung des 1945 freigegebenen Wolfener Know hows in den dortigen Forschungslabors ausgearbeitet worden. Kurz darauf entstand in den USA der Kriminalfilm "The Man of the Eiffel Tower" aus der Reihe Kommissar Maigret auf Anscocolor-Umkehrfilm. Das Material war im ehemaligen Agfa-Ansco Tochterunternehmen in den USA nach dem Wolfener Agfacolor-Verfahren hergestellt worden.

Mit dem Eiffelturm-Krimi begann in den USA eine neue Ära von Filmaufnahmen. Wurde bisher mit der 350 Kilo schweren, nur mit einem Kran bewegbaren Technicolor-Kamera gearbeitet, ergaben sich ab 1950 mit der Negativ-Positiv-Kinotechnik völlig neue Möglichkeiten.

Dennoch waren zwischen 1935 und 1954 einige qualitativ gute Farbkinofilme mit der Technicolor-Technik entstanden, wenn auch wegen der unhandlichen Kamera vorwiegend im Studio. Die Aufführung des Technicolor-Films "Ramona" in der "Filmburg" in Bitterfeld sorgte schließlich auch hier für Aufsehen. Der beeindruckendste Technicolorfilm bleibt bis heute der 220-Minuten-Streifen "Vom Winde verweht".

Es sollten noch Jahre vergehen, bis 1954 die letzte Tehnicolorkamera den Weg ins Museum antrat und das Agfacolor-Verfahren bzw. die von der Kodak Company modifizierte Wolfener Technologie sich endgültig durchgesetzte.