Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Das Leben im Ort nachhaltig geprägt
SPÖREN/MZ. - Knisternde Spannung im Bürgerhaus von Spören. Denn es ist kein gewöhnlicher Anlass, der die Leute am Dienstagabend hier zusammenführte. Eine ganz besondere Auszeichnung liegt in der Luft, eine, die bisher nur ganz wenigen Zörbigern zuteil geworden ist. Persönlichkeiten wie Victor Blüthgen und Pfarrer Walter Reiche gehören dazu. "Und heute wollen wir Ihnen, lieber Anton Rehmann, die Ehrenbürgerschaft verleihen", hob Zörbigs Bürgermeister Rolf Sonnenberger feierlich an. In seiner Ansprache umriss Sonnenberger kurz den Lebensweg des ersten Ehrenbürgers der gemeinsamen Stadt Zörbig und ging auf die außergewöhnlichen Verdienste des inzwischen 80-Jährigen zum Wohle der Kommune ein.
"Ihre Vorfahren gründeten in den Jahren 1821 / 23 in Westgalizien mit anderen Egerländern das Dorf Machliniec - wo sie geboren wurden und lebten", sagte Sonnenberger zu Rehmann gewandt. Vor seinem geistigen Auge schien in diesem Moment die Kindheit wie ein Film abzulaufen - wie er Kühe hütete, die polnische Sprache und den egerländischen Dialekt in der Vorschule erlernte und dass er schon als Neunjähriger, als der Vater zu polnischen Armee eingezogen worden war, bereits Aufgaben übernehmen musste, wie mit dem Pferdegespann das Erntegut nach Hause fahren. Und als Sonnenberger auf die Umsiedlung nach Deutschland im eiskalten Winter 1940 zu sprechen kam, standen Tränen in den Augen des neuen Ehrenbürgers.
1945 hatte die Familie nach einer langen Odyssee dann in Spören eine neue Heimat gefunden. Für den Neuanfang gab es durch die Bodenreform fünf Hektar Land und etwas Inventar für die Wohnung. Und weil der Vater im Krieg geblieben war, halfen er und seine beiden Geschwister der Mutter auf dem Feld. Ein Studium als Berufsschullehrer für Landwirtschaft folgte 1951. Ein Jahr später dann die Anstellung in Bitterfeld - nachmittags ging es in den ersten Jahren immer noch aufs Feld, um der Familie unter die Arme zu greifen.
Dass Anton Rehmann vielen Zörbigern bestens bekannt sei, hänge nach Meinung von Sonnenberger damit zusammen, dass Rehmann von 1970 bis zur Wende und seinem Eintritt in den Vorruhestand an der Zörbiger Schule unterrichtete. "Weshalb wir Sie aber heute ehren hängt mit ihrem gesellschaftlichen Wirken zusammen", betonte Sonnenberger und kam sogleich auf die recht frühzeitige katholische Jugendbewegung zu sprechen und den Eintritt von Rehmann in die CDU schon als 16-Jähriger - wo auch sein gesellschaftliches Engagement begann. Gemeinsam mit der CDU-Ortsgruppe, deren Mitbegründer Rehmann war, und Mitgliedern der Kleingartensparte organisierte er verschiedene Veranstaltungen. Und als Gemeindevertreter und Ratsmitglied schob er 1965 den Bau des ersten Jugendklubs an. Auch bei der Gründung des Dorfklubs habe Rehmann seine Spuren hinterlassen.
Mit dem Eintritt in den Vorruhestand wurde es bei Familie Rehmann noch eine Spur lebendiger. Der inzwischen 60-Jährige wurde Gemeinderatsmitglied und stellvertretender Bürgermeister. In dieser Funktion habe er sich mit aller Kraft für die Dorfsanierung eingesetzt. So gehörte Spören 1991 zu den ersten fünf Dörfern im Altkreis Bitterfeld, die ins Dorfsanierungsprogramm kamen. Ihm sei es auch zu verdanken, dass es so viele Vereine im Ort gibt. Genannt wurden auch der Gemischte Chor von Spören / Prussendorf, der zur Feier auch ein Ständchen parat hatte, und die Radlergruppe, die Rehmann gründete. Und dann wurde noch sein ganz besonderes Faible hervorgehoben - der Heimatverein und das Dorfmuseum. So habe Rehmann nicht nur den Heimatverein gegründet, sondern auch den Archivkreis.
All sein gesellschaftliches Engagement sei bereits mit der Verdienstmedaille der Bundesrepublik und der Verdienstmedaille des Verdienstorden durch Bundespräsident Roman Herzog gewürdigt worden. "Und wenn Sie sich heute als Ehrenbürger in das ,Goldene Buch der Stadt Zörbig' eintragen, dann befinden Sie sich in bester Gesellschaft mit dem einstigen Bundespräsidenten Horst Köhler, dem ehemaligen Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz und der Königlichen Hoheit Albert Prinz von Sachsen, Herzog von Sachsen."
Anton Rehmann, eigentlich nur als Toni bekannt, sagte in seiner bescheidenen Art, dass es ganz wichtig sei, miteinander zu sprechen. Vor allem könnten die älteren den jüngeren Leuten sehr viele Anregungen aus ihrem Erfahrungsschatz vermitteln. Und Pfarrer Hans-Günter Dübner sagte zu Rehmann gewandt, dass es leichter sei ein Held zu sein, als ein Ehrenmann. Denn Held sei man nur für den Augenblick. Um aber als Ehrenmann zu gelten, brauche man ein ganzes Leben, zitierte er frei den italienischen Schriftsteller Luigi Pirandello.