Mahnung in Weiß Angehörige und Aktivisten gedenken verstorbener Radfahrerin in Wolfen mit Geisterfahrrad
Die Stadt will die Kreuzung nun anders gestalten, sieht sich aber vor Problemen.

Wolfen/MZ - Nur wenige hundert Meter trennen das Wohnhaus von Siegfried Ludwig in Wolfen von der Kreuzung Thalheimer- und Reudener Straße, an der seit einigen Wochen ein weiß gestrichenes Fahrrad steht. Daran ist ein Schild befestigt: „Radfahrerin, 65 Jahre. 18.05.2021“ Für Ludwig sind das nicht nur ein Geisterfahrrad und ein Datum, sondern die stete Erinnerung daran, dass dort seine Frau Sybille bei einem Unfall ums Leben kam.
„Sie war viel mit dem Fahrrad unterwegs und wollte an dem Tag nur noch schnell einkaufen“, erinnert sich der Wolfener am Rande einer Mahnwache am Donnerstagabend. Für ihn, seinen Sohn, Nachbarn und Freunde sei die Mitteilung über den Tod schrecklich gewesen.
„Gerade an der Kreuzung war meine Frau immer eine vorsichtige Fahrerin, ob mit dem Auto oder dem Fahrrad“
Noch einmal waren sie nun gemeinsam an die Unfallstelle gekommen, an der an jenem Dienstagmorgen ein Lkw-Fahrer beim Abbiegen Sybille Ludwig erfasste. Sie geriet dabei unter die Räder des Transporters. Die Seniorin erlag noch an der Unfallstelle ihren Verletzungen. „Gerade an der Kreuzung war meine Frau immer eine vorsichtige Fahrerin, ob mit dem Auto oder dem Fahrrad“, sagt Siegfried Ludwig. Schließlich sei sie jeden Tag dort vorbei gekommen.

Die beiden 65-Jährigen wollten gemeinsam ihre Rente genießen, hatten Pläne für die Zukunft. Stattdessen stellt Siegfried Ludwig nun regelmäßig Blumen an die Unfallstelle, ein silberner Engel wacht darüber. Wenige Meter entfernt steht das Geisterrad, das ein Bekannter aufgestellt hatte - nach Rücksprache mit Siegfried Ludwig. Er fordert nun von den zuständigen Ämtern, hier einzugreifen - um zu verhindern, dass es noch einmal zum Äußersten kommt.
Allgemeine Deutschen Fahrradclub (ADFC) organisierte Mahnwache am Donnerstagabend
Dieser Aufforderung schließt sich auch der Allgemeine Deutschen Fahrradclub (ADFC) an, dessen Dessauer Sektion die Mahnwache am Donnerstagabend organisiert hatte. „Die Infrastruktur hat an dieser Stelle Mängel, die man mit einfachen Mitteln beseitigen könnte“, sagte Stephan Marahrens.
Konkret sollten breite Streifen, am besten in rot, auf die Kreuzung aufgebracht werden. Bisher herrschen weiße Trennstreifen vor - an der Unglückskreuzung weisen diese gar nur darauf hin, dass ein Radfahrender abbiegen kann und nicht geradeaus fährt.
Mittlerweile haben sich die Stadt und der Landkreis Anhalt-Bitterfeld darauf verständigt, dass die Abbiegespuren beseitigt werden
Marahrens wies auch darauf hin, dass es bundesweit die Kampagne für null Verkehrstote gäbe - aber dass noch Menschen unterwegs umkommen, sei nicht hinnehmbar. „Viele Menschen wollen das nicht mehr hinnehmen.“ Er appellierte auch an die gegenseitige Rücksichtnahme auf der Straße, auf die Radfahrende vor allem deshalb angewiesen seien, weil sie weniger geschützt sind als Auto- oder Lkw-Fahrer. Hier wollen die Fahrradaktivisten ihrer Stimme in den kommenden Jahren mehr Gehör verleihen.

Mittlerweile haben sich die Stadt und der Landkreis Anhalt-Bitterfeld darauf verständigt, dass die Abbiegespuren beseitigt werden, erklärte Stefan Hermann, stellvertretender Oberbürgermeister. Doch Bitterfeld-Wolfen allein könne wenig handeln, da der Landkreis für die Straße zuständig sei. Ein Kreuzungsbereich mit farbigen Markierungen, wie vom ADFC gefordert, könne dort mit Abstrichen entstehen.