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Zimmer frei in Bernburg? Zimmer frei in Bernburg?: Student funktioniert WG zu Hanfplantage um

Von andreas braun 11.02.2015, 18:59
Cannabis (lat. «cannabis»: Hanf) ist der Sammelbegriff für die aus Hanf hergestellten Rauschmittel wie Haschisch (gepresstes Harz der Pflanze) und Marihuana (getrocknete weibliche Blüten).
Cannabis (lat. «cannabis»: Hanf) ist der Sammelbegriff für die aus Hanf hergestellten Rauschmittel wie Haschisch (gepresstes Harz der Pflanze) und Marihuana (getrocknete weibliche Blüten). DPA/Symbol Lizenz

Bernburg - Als ungewöhnlich bezeichnete der Richter am Schöffengericht André Stelzner, was sich in seinem Gerichtssaal am Bernburger Amtsgericht am Mittwoch bot.

Ein junger Mann wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Und die Justiz hatte fast nichts dazu beigetragen, um ihn zu überführen und vor Gericht zu bringen. Am 3. März 2014 war er in eine Polizeikontrolle geraten. Dort wurde festgestellt, dass der gebürtige Hallenser unter Drogen fuhr.

Handel mit Drogen in nicht geringer Menge lautet der korrekte Vorwurf, wenn es um Drogenhandel geht. Dabei ist nicht allein die Bruttomenge der Drogen ausschlaggebend, sondern auch die Menge des Wirkstoffes. Bei Cannabis ist dies das THC. Der Grenzwert liegt bei 7,5 Gramm reinem Wirkstoff (THC). Bei dem jungen Mann wurden am 3. März 2014 138 Gramm THC ermittelt.

Ein Fahrverbot und eine Anzeige drohten. Doch der 30-jährige Student an der Hochschule Anhalt sah sich wohl an einem Wendepunkt im Leben. Erst holte er aus dem Kofferraum knapp zwei Kilogramm Marihuana und beim Verhör erzählte er den Beamten, dass er zu Hause Cannabis anbaue. Die Beamten fanden dann auch alles, was sie brauchten, um den jungen Mann zu überführen. Zusätzlich erzählte er den Beamten in der Vernehmung, dass er seit 2011 regelmäßig Cannabis anbaue und er das Gramm zu vier bzw. sechs Euro verkauft habe. Einen Teil nahm er selbst für sich.

Samen kamen aus Holland

Insgesamt waren es an die sechs Kilogramm, die im Verlauf der Jahre verkauft worden sind. Den Samen hatte sich der junge Mann aus Holland geholt, in seiner Bernburger Wohnung, die er während der Zeit des Studiums nutzte, baute er die Pflanzen an und erntete.

Mit dem Geld zahlte er seine Miete, die enorme Stromrechnung für Belüftung und Beleuchtungsanlage und seinen Lebensunterhalt für das Studium. Er hatte eine Dreiraumwohnung gemietet, in der Hoffnung, dass noch zwei andere Studenten einziehen. Doch , so sagt er vor Gericht, hatte etwas mit deren BAföG nicht hingehauen. Er war allein in der großen Wohnung. Da er zu der Zeit selbst schon kiffte, kam ihm die Idee, den ungenutzten Raum als Plantage in Beschlag zu nehmen. Der Verteidiger nahm die Umstände, wie Verhaftung und Geständnis ohne Not zustande kamen, als Anlass, um darzustellen, dass der junge Mann hier seine Chance nutzte, von den Drogen und vom Handel wegzukommen. Dem schloss sich das Gericht an, denn es folgte dem Antrag des Verteidigers.

Die Staatsanwältin wollte das ebenso würdigen, sah aber eine Haftstrafe über die Dauer von drei Jahren als angemessen an. Damit wäre die Aussetzung zur Bewährung nicht mehr möglich gewesen. Stelzner sah es als glaubhaft an, dass der junge Mann, der sein Studium abbrach und derzeit in einem Call-Center arbeitet, gemerkt habe, in welchem Teufelskreis er sei. Dafür sprach auch die Schilderung des Mannes, dass er anfangs nur alle drei Tage mal Marihuana nahm, als er aber in die Kontrolle fuhr, täglich mehrmals zur Droge griff. Die Umstände mit dem Studium, die finanzielle Situation, die trotz des Verkaufs von Drogen angespannt blieb, seine Freundin, die ihn aufgrund der Drogen verließ und eine familiäre Situation, die keine Ruhe brachte, hätten zum Kontrollverlust geführt.

Keine mehrjährige Haftstrafe

Derzeit ist der junge Mann in einer Therapie, die er auch fortsetzen muss, so eine Auflage. Dass er einer mehrjährigen Haftstrafe entgangen ist, ist auch dem Umstand zu verdanken, dass der Mann keine Vorstrafen hat. Stelzner machte aber deutlich, dass - wenn auch nur ein Gramm harter Drogen beim Verkauf dabei gewesen wäre - er ohne Bedenken mindestens vier Jahre Haft ausgesprochen hätte. Alle vier Taten, so Stelzner, seien Verbrechen. Nur die außergewöhnlichen Umstände begründen eine Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (mz)