Neues Sonderschild am Wegesrand Verärgerung bei Bernburgs Anglern
Warum der Weg zum geliebten Hobby nicht mehr mit dem Auto möglich ist und wie das Problem aus der Welt geschaffen werden soll.

Bernburg/MZ - Die Volksseele kocht bei den Mitgliedern der Kleingartensparte „Waldfrieden“ und den Bernburger Petrijüngern, die Stammgast am „Toten Saalearm“ bei Aderstedt sind. Seit Ende September steht an der Einmündung des Schotterweges in Richtung Saale und Gartensparte ein neues von der Stadt Bernburg angebrachtes Schild. „Befahren mit Kraftfahrzeugen aller Art verboten“.
40 Euro Strafe
Die Stadt beruft sich dabei auf den Paragrafen 24 Absatz 1 des Landeswaldgesetzes Sachsen-Anhalt. Demnach ist das Befahren der freien Landschaft mit Kraftfahrzeugen verboten. Dies gilt nicht für Personen mit Genehmigung der zuständigen Behörde, für Personen im Rahmen der befugten Jagdausübung und für Personen, die im Auftrag der Verwaltung tätig sind.
Die ersten Knöllchen wurden bereits verteilt. 40 Euro kostet der Spaß, wenn der Fahrzeugführer vom Ordnungsamt erwischt beziehungsweise von „lieben Mitmenschen“ fotografiert und dann angezeigt wird. „Das riecht nach Abzocke. Von einem Tag zum anderen wurden wir Angler und auch die Pächter im Waldfrieden vor vollendete Tatsachen gestellt. Kommunikation – Fehlanzeige. Einige unserer Angelfreunde sind nicht mehr so gut zu Fuß und auf das Autofahren bis zur Saale angewiesen, um ihrem Hobby nachzugehen. Mit dem Fahrverbot geht auch ein Stück Lebensqualität für diese Menschen verloren“, macht Stefan Strauch, Mitglied bei den Angelfreunden 90, seinem Unmut Luft. Der „Tote Saalearm“ ist nicht nur ein beliebtes Fischrevier, sondern auch Vereinsgewässer, das von der Ortsgruppe Bernburg, den Angelfreunden 90 und der Angelgruppe „Keßlerturm“ gepflegt wird.
Liste soll von Strafen befreien
Die Petrijünger führen mehrere Arbeitseinsätze im Jahr durch, befreien dabei das Ufer, die Grünstreifen am Radweg sowie die ufernahen Zonen des Arms von Unrat und Müll. Von Flaschen, alten Luftmatratzen bis hin zu Schlauchbooten ist alles dabei. Mit ihren privaten Pkw haben die Angler bisher den „Saalemüll“ abtransportiert. Die Säcke mehr als anderthalb Kilometer nach Aderstedt zu schleppen, ist keine Option. „Wir sind zur Pflege verpflichtet. Aber wir sehen nicht ein, dass wir auch noch extra Geld mitbringen, um zu arbeiten“, so Stefan Strauch.
Das Ordnungsamt fällt in den Verantwortungsbereich von Holger Dittrich, dem Dezernenten für Stadtentwicklung. Das Problem sei ihm seit einer Woche bekannt. „Wir haben die Benutzung des Privatweges durch Kfz lange Zeit geduldet. Wenn Anzeigen erstattet werden, müssen wir dem jedoch nachgehen“, so der Dezernent, der aber schon Ideen hat, wie für alle Betroffenen eine praktikable Lösung gefunden werden kann. Am einfachsten gestaltet es sich bei den Gärtnern. „Der Verein muss nur eine Liste mit den Pächtern und deren Autokennzeichen schicken. Diese erhalten dann eine Durchfahrtgenehmigung. Bei eventuellen Anzeigen sehen die Mitarbeiter des Ordnungsamtes dann sofort, ob sie handeln müssen oder sich das Knöllchen sparen können“, so Holger Dittrich.
Und die Petrijünger? Bei angemeldeten Arbeitseinsätzen – mindestens zwei Wochen vorher – wird das Amt laut Holger Dittrich völlig unbürokratisch die Genehmigung für das Befahren des Weges erteilen. Ob Angler mit gesundheitlichen Einschränkungen eine „Dauerkarte“ erhalten, müsse von Fall zu Fall entschieden werden, so der Dezernent. Die in den vergangenen Tagen aufgekommenen Wogen der Entrüstung bei Gärtnern und Anglern dürften zumindest etwas geglättet sein.