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Unwetter in Bernburg Unwetter in Bernburg: Schlammflut trifft Biendorf

Von susanne schlaikier 21.06.2013, 22:58
Veronika und Steffen Schwind reinigen den Gehweg vor ihrem Haus, der voller Schlamm ist.
Veronika und Steffen Schwind reinigen den Gehweg vor ihrem Haus, der voller Schlamm ist. engelbert pülicher Lizenz

biendorf/MZ - Der beißende Geruch von Öl zieht sich durch das ganze Haus. „Wir lüften schon die halbe Nacht und den ganzen Tag, aber ganz lässt sich der Geruch nicht vertreiben“, sagt Ingrid Ruhs. Besonders intensiv riecht es aus der offenen Kellertür. Wie es unten aussieht, können Ingrid Ruhs (71) und ihr Mann Günther (73), die in der Biendorfer Friedhofstraße wohnen, nur erahnen, denn sie dürfen nicht in den Keller.

Mit dem Unwetter, das am Donnerstagabend über große Teile Deutschlands und auch über den Altkreis Bernburg zog, kamen das Wasser und der Schlamm. Das Wasser drückte gegen die Garagentür und die Kellerfenster. Die Scheiben hielten dem Druck nicht lange Stand und zerbrachen. „In Sekundenschnelle war der Keller voll gelaufen“, sagt Günther Ruhs. Das Wasser sei direkt durch bis auf den Hof gelaufen. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt der 73-Jährige. Und durch das Wasser wurden auch die Heizöltanks im Keller beschädigt - oder sind über gelaufen. Günther Ruhs kann noch nichts Genaues sagen, denn - wie erwähnt - bis in den Keller durfte er bisher nicht. Auf jeden Fall ist eine Menge Öl ausgelaufen: Buhs hatten erst in der vergangenen Woche eine Öllieferung bekommen. Die Tanks waren also randvoll.

Etwa gegen sieben Uhr abends am Donnerstag sei es ganz dunkel geworden, erzählen Günther und Ingrid Ruhs. Dann begann es zu stürmen und zu regnen, bald darauf setzte Hagel ein. Sofort fühlte sich das Biendorfer Ehepaar an das verheerende Unwetter vom 11. September 2011 erinnert. Damals hatte der Hagel sämtliche Dachziegel zerstört und Fensterscheiben zerschlagen. Gerade erst hatten sich Ruhs von diesem Schreck erholt und alles repariert, da traf es sie erneut. Nach der Erfahrung von vor zwei Jahren hatten sie diesmal damit begonnen, das Dach zu sichern. Danach blieb keine Zeit mehr, die Sachen aus dem Keller zu retten, so schnell stieg das Wasser an. Dort lagerten viele Lebensmittel, vor allem Selbsteingekochtes. Das können Ruhs’ nun alles wegwerfen, denn durch das Öl ist alles verseucht. Sie müssen nun auf eine Spezialfirma warten, die das Öl abpumpt.

Aber auch die Feuerwehr hat bereits mehrere Stunden das Wasser bzw. Öl abgepumpt. Bis 2 Uhr nachts sei die Feuerwehr im Einsatz gewesen, erzählt Ingrid Ruhs. „Die Feuerwehrleute haben sich wirklich große Mühe gegeben.“ Sie und ihr Mann sollten wegen des ausgelaufenen Öls eigentlich auch das Haus verlassen, aber das wollten die beiden nicht. Geschlafen haben sie dennoch in dieser Nacht keine Minute. Ähnlich ging es Helma Cisewski. Auch sie hat kein Auge zu gemacht, trotz Schlaftablette. Denn auch ihr Keller stand komplett unter Wasser. Gefriertruhe, Waschmaschine und Trockner sowie Kleiderschränke sind ruiniert. Auch die Heizung sei sicher beschädigt, meint die Rentnerin verzweifelt.

Auch ihr Sohn, Ortsbürgermeister Uwe Cisewski, hatte jede Menge Wasser und Schlamm in Haus und Schuppen. „Es war eine richtige Schlammflut“, schildert Cisewski. 15 Zentimeter hoch habe der Schlamm, der von den nahe liegenden Äckern kam, gestanden. Inzwischen haben er und seine Familie einen Großteil schon wieder entfernt. Cisewski schätzt, dass allein in Biendorf zwischen 70 und 80 Keller vollgelaufen sind. Stark betroffen war nach Informationen von Bernburgs Ordnungsdezernent Holger Dittrich aber auch Poley. Hier floss das Wasser aus allen Kanälen. „Es war einfach eine zu große Wassermenge. Das hat das Entwässerungssystem nicht verkraftet“, sagt Dittrich.

Etwas weniger heftig traf es außerdem Wohlsdorf, Crüchern und Leau. Zwischen 70 und 100 Feuerwehrleute von neun Feuerwehren seien von abends bis in die Nacht im Einsatz gewesen, so Dittrich. Einige Feuerwehrleute werden auch noch bis zum Samstag im Einsatz sein. Nach dem jüngsten Hochwasser in Bernburg und Umgebung können nicht nur die Feuerwehrleute, sondern auch Dittrich kein Wasser mehr sehen. „So langsam reicht es“, meint Dittrich. Das sehen Betroffene wie Ingrid und Günther Ruhs genauso. Überhaupt haben sie genug von schlimmen Unwettern. Das Ehepaar aus Biendorf wollte eigentlich zum 72. Geburtstag von Ingrid Ruhs am Sonntag verreisen. Doch den Trip in den Harz haben sie erstmal abgesagt.

Zentimeterhoch stand der Schlamm in einigen Straßen.
Zentimeterhoch stand der Schlamm in einigen Straßen.
Engelbert Pülicher Lizenz
Ein Teil des Heizöls ist bereits ausgepumpt. Günther Ruhs macht Fotos von dem aufgesammelten Öl im Bassin.
Ein Teil des Heizöls ist bereits ausgepumpt. Günther Ruhs macht Fotos von dem aufgesammelten Öl im Bassin.
Engelbert Pülicher Lizenz
Helma Cisewski kann viele Sachen aus dem Keller wegwerfen.
Helma Cisewski kann viele Sachen aus dem Keller wegwerfen.
Engelbert Pülicher Lizenz