Tabak, Spirituosen, Lotto Traditionsgeschäfte in Bernburg: Immer nah am Kunden

Bernburg - Die älteren Bernburger werden sich sicher noch erinnern, denn das Fachgeschäft für Spirituosen und Tabak von Herbert Stauch ist sowas wie eine Institution in Bernburgs Innenstadt.
„Die älteren Leute sagen heute immer noch, dass sie zu Stauchs gehen. Aber das stört mich nicht. Im Gegenteil. Wir wollen ja, dass diese Tradition bewahrt wird“, meint Nora Priewe, die das Geschäft mit ihrem Ehemann 1992 übernahm und seitdem unter ihrem Familiennamen leitet.
Traditionsgeschäfte in Bernburg: Nach den Ersten Weltkrieg begann alles
Ihren Ursprung hat das Traditionsgeschäft in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg. Richard Stauch verkaufte damals Tabak und Spirituosen und leitete eine kleine Lotterie.
Auch kleine Busreisen wurden in dem Laden später mit angeboten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs führte Sohn Herbert Stauch das Geschäft am Boulevard weiter, ehe Nora Priewe 1991 das erste Mal mit dem Betrieb in Berührung kam.
„Ich habe zunächst hier mit ausgeholfen“, erzählt die 65-jährige Bernburgerin.
Traditionsgeschäfte in Bernburg: Zuvor als Apothekerin gearbeitet
Dass die das Geschäft schließlich ein Jahr später komplett übernahm, sei reiner Zufall gewesen. Denn schließlich ist Nora Priewe gelernte Apothekenfacharbeiterin.
Ihre Ausbildung absolvierte sie in der Blauen Apotheke in Bernburg, später arbeitete sie in der Roten Apotheke und leitete von 1979 an eine Drogerie. „Herr Stauch suchte 1992 einen Nachfolger für das Geschäft, weil er es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fortführen konnte“, erzählt Nora Priewe.
Es habe sich jedoch keiner gefunden, der den Laden auch wirklich so weiterführen wollte, wie Herbert Stauch sich das vorstellte.
Bis auf Nora Priewe und am 1. Mai 1992 war es schließlich soweit: Aus dem Laden Stauch wurde das Geschäft Priewe.
Traditionsgeschäfte in Bernburg: Tochter führt Reisebüro
Im Laufe dieser 25 Jahre hat sich im Geschäft einiges getan. Spirituosen und Tabak werden nach wie vor verkauft. Auch die Lotto-Annahmestelle ist weiterhin vertreten.
Zu dem bisherigen Angebot hat sich in den vergangenen Jahren noch ein kleines Reisebüro gesellt, das sich auf der linken Seite des Geschäfts gegenüber der Ladentheke befindet und von Nora Priewes ältester Tochter Stefanie Höhndorf betrieben wird.
Und auch die jüngere Tochter Franziska Priewe ist in das Familiengeschäft mit eingestiegen und kümmert sich als gelernte Bürokauffrau um die kaufmännischen Belange.
Traditionsgeschäfte in Bernburg: Hier macht jeder, was gemacht werden muss
Aber eine richtige Festlegung der Aufgaben und Arbeitsbereiche gibt es in dem Laden nicht, wie Mutter und Chefin Nora Priewe erklärt: „Hier macht nicht jeder, was er will, sondern was gemacht werden muss.“
Optisch habe man das Geschäft nicht groß verändert, lediglich 2005 gab es eine zweiwöchige Renovierungsphase, in der das Geschäft komplett entkernt wurde.
„Und das bei laufendem Betrieb. Eine Hälfte des Ladens wurde renoviert, in der anderen Hälfte verkauft“, erklärt Nora Priewe.
Traditionsgeschäfte in Bernburg: Auf Trends stets reagiert
Sonst habe sich das Geschäft in den zurückliegenden 25 Jahren quasi von selbst entwickelt, indem man auf neue Trends stets reagiert und sich angepasst habe.
„Das Arbeiten hier ist viel abwechslungsreicher und vielfältiger geworden“, findet Tochter Stefanie Höhndorf, während ihre Mutter von einem „ständigen Lernprozess spricht“, den das Geschäft und ihre insgesamt sieben Mitarbeiter durchleben.
Traditionsgeschäfte in Bernburg: Kundschaft hat Ansprüche
Ein wesentlicher Teil des Angebots ist die Beratung der Kunden und der Service allgemein. Schließlich hegt die Kundschaft auch ihre Ansprüche.
Neben dem Preis spielt zudem das Sortiment eine entscheidende Rolle und durch die Supermärkte sei die Konkurrenzsituation in der Vergangenheit nicht weniger geworden.
Darauf zu reagieren und damit mitzuhalten, ist mit viel Aufwand verbunden, wie Nora Priewe sagt.
„Mit den großen Handelsketten können wir nicht mithalten“, stellt die Bernburgerin klar. Deshalb müsse man sich von den Supermärkten unterscheiden, indem man sich spezialisiert.
Dies will das Geschäft mit Service und individueller Kundenberatung tun. „Das ist unsere einzige Möglichkeit zu bestehen“, sagt die 65-Jährige.
Traditionsgeschäfte in Bernburg: Gute Beziehung zum Kunden
Dabei will die Belegschaft vor allem mit Freundlichkeit und individueller Betreuung punkten. „Wir sehen unsere Kunden nicht als Durchgangsposten, sondern wollen auch eine persönliche Beziehung zu ihnen pflegen“, so Priewe.
Dazu gehört auch mal der eine oder andere private Plausch, schließlich kennt man die Stammkunden, die den größten Teil der Kundschaft ausmachen, mittlerweile viele Jahre schon.
Für die Zukunft wünscht sich Nora Priewe vor allem Gesundheit für sich und ihre Familie und dass ihre Töchter das Traditionsgeschäft in der nächsten Generation weiterführen. „Und zwar so, dass sie auch davon leben können.“
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Läden eröffnen, wechseln den Besitzer oder ihren Standort, sie schließen wieder. Und doch gibt es sie noch - die Traditionsgeschäfte in der Region, die teilweise sogar verschiedenste Gesellschaftsformen mit- und überlebt haben. In Bernburg mehr als in den umliegenden Kleinstädten und Dörfern, die aufgrund der niedrigen Kaufkraft noch viel mehr mit der wachsenden Konkurrenz aus dem Internet zu kämpfen haben. Aber eben nicht jede Dienstleistung und jedes Produkt lässt sich heutzutage mit einem Mausklick online nach Hause bestellen. Was wäre das für ein Leben ohne Bäcker, Fleischer, Friseure, Modeboutique, Optiker oder Tabakhändler vor Ort?
Die MZ stellt in der Serie „Unsere Schaufenster“ einmal wöchentlich Geschäfte im Altkreis Bernburg vor, die mindestens ein Jubiläum gefeiert haben, die es also schon 25 Jahre und länger gibt.
Sind Sie selbst Inhaber eines Traditionsladens oder kennen Sie einen, den die MZ in ihrer Serie bisher noch nicht vorgestellt hat? Dann rufen Sie uns doch einfach an unter Telefon 03471/ 6 52 0 210 oder schreiben eine E-Mail an [email protected] (mz)
