Straßennamen in Schackstedt Straßennamen in Schackstedt: Adressen gibt's!

Schackstedt - Es ist ein kleiner Schatz, den Inge Wöhlbier da zu Hause in Schackstedt hütet. Einem Dorf, in dem die Straßen so klangvolle Namen haben wie Lausestrumpf und Paradies, Bullenwinken und Speckgasse. Viele Jahre hat sie nicht darin geblättert und - obwohl selbst geschrieben - „steht da so manches drin, was ich längst vergessen hatte“, sagt sie.
Schackstedt hat aber noch mehr zu bieten: Zum Beispiel die Trift; kommt vom Mittelhochdeutschen„triben“ (treiben). Folglich handelt es sich bei der Trift um den Weg, auf dem das Vieh einst zur Weide getrieben wurde. Der Schafhof heißt Schafhof, weil dort um 1590 ein Schäfer wohnte und die Schafe auf seinem Gutshof untergebracht waren.
Die Straße Am Teich, früher Teichstraße, hat ihren Namen vom Dorfteich, und der Schulberg von der alten 1878 errichteten Schule. Die Bezeichnung Am Busch deutet heute noch auf den früher dichten Baumbestand in diesem Bereich hin.
Kein Wunder. Fast 60 Jahre sind sie alt, die fein säuberlich mit Füllfederhalter notierten Aufzeichnungen, wie die Fotos zur Bebilderung. Entstanden zu einer Zeit, in der sich Inge Wöhlbier, damals noch Bestehorn, am Institut für Lehrerbildung in Staßfurt ausbilden ließ. Einmal im Jahr mussten die angehenden Lehrkräfte einen großen Aufsatz schreiben. Das Thema der „Jahresarbeit“, wie sie Inge Wöhlbier nennt, war ihnen dabei freigestellt. Und so nahm sich die Schackstedterin im Schuljahr 1955/1956 eben der Straßennamen ihres Heimatdorfes an - und zog dazu auch die von Ernst König verfasste Chronik zurate. „Das war viel einfacher als Bach“, erinnert sie sich. Über den Komponisten hatte sie im Jahr zuvor geschrieben. Und mit dem Ergebnis konnte sie auch mehr als zufrieden sein. Form, Aufbau, Inhalt, Rechtschreibung - eine glatte Eins brachte ihr der Aufsatz über Schackstedt ein, das Ortsunkundigen damals nicht nur ob seiner Straßennamen geläufig war. Die beklagten sich nämlich auch häufiger, dass „man sich nicht wieder herausfindet“. Typisch Haufendorf, sagt Inge Wöhlbier, die sich seit jeher für Heimatgeschichtliches interessiert und auch an der Festschrift anlässlich des 1025-jährigen Ortsjubiläums mitgearbeitet hat. 1998 war das. Unter Federführung von Siglinde Kretzschmars, der langjährigen Ortschronistin, die erst kürzlich gestorben ist. Im August wäre sie 90 Jahre alt geworden.
Lausestrumpf: Der Name mute etwas „eigenartig“ an, sagt Inge Wöhlbier. Und seine Herkunft lasse sich auch nicht mit absoluter Bestimmtheit klären. Anzunehmen aber sei, dass er wendischen Ursprungs ist. „Lause“ steht immer in Verbindung mit einem Berg, einer Erhebung oder einem Hügel. Der lag vor 1 000 Jahren noch außerhalb von Schackstedt und wurde höchstwahrscheinlich von den Wenden besiedelt, die die Wege an ihren Wohngehöften nicht selten nach Kleidungsstücken benannten. Denkbar sei also, dass aus dem Strumpf am Lauseberg einfach der Lausestrumpf geworden ist.
Paradies: Nur mündlich überliefert ist die Entstehungsgeschichte des Straßennamen „Paradies“. Es war einst die Bezeichnung eines Gasthofes, den ein Schackstedter namens Adam 1804 ganz im Osten des Ortes, also eigentlich schon auf preußischem Territorium erbaut hatte. Schackstedt selbst gehörte zu Anhalt. Als er sein Grundstück eintragen lassen wollte, wurde er nach dem Namen des Gasthofes gefragt. Der hatte aber noch keinen und so antwortete der Erbauer nur mit einem Achselzucken. Woraufhin dem Stadtschreiber die Idee kam: „So nennt ihn Paradies, weil ihr Adam heißet.“ Im Laufe der Jahre wurde das Paradies immer größer, weil sich die Bezeichnung bis auf Schackstedt ausdehnte.
Bullenwinkel: Man nehme einen Bullen - und schon hat das Kind, in dem Fall, die Straße einen Namen. Der bezeichnet in der Tat einen Stier. Und zwar einen, den einst die Gemeinde hielt und der in eben jeder Straße beziehungsweise Gasse untergebracht war. Das entsprechende Gehöft stand aber schon vor 60 Jahren nicht mehr.
Speckgasse: Man könnte zwar meinen, dass die Bezeichnung Speckgasse eine Anspielung auf die vielen (reichen) Bauern sei, die hier wohnten, das aber sei nicht der Fall, stellt Inge Wöhlbier klar. Zumal sich das „e“ auch erst später in den Straßennamen schummelte. Zuvor hieß die Straße Spickgasse. Der Name entstand noch vor der Pflasterung des Dorfes, worauf der Zusatz Gasse schließen lasse. „Spick kommt von spiek“, erklärt sie, „so nannte man früher die Reisigbündel, die man nach einem ausgiebigen Regenguss oder zur Schneeschmelze ausgelegt hatte, um trockenen Fußes von Haus zu Haus zu kommen.“ (mz)

