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Strafprozess in Bernburg Strafprozess in Bernburg: Zum eigenen Schutz

Von FRAUKE HOLZ 08.12.2013, 20:35

BERNBURG/GÜSTEN/MZ - War der 49-Jährige, der seiner Lebensgefährtin sowie einem befreundeten Ehepaar mit einem „Fleischklopfer“ mehrfach auf den Kopf geschlagen hat, zum Tatzeitpunkt schuldfähig oder nicht? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines sogenannten Sicherungsverfahrens, in welchem am Freitag am Amtsgericht Bernburg das Urteil gesprochen wurde.

Der Vorsitzende Richter hatte nach Abschluss der Beweisaufnahme „vernünftige Zweifel“ und entschied deshalb: „In dubio pro reo (dt. Im Zweifel für den Angeklagten.), denn wir wissen nicht, ob der Beschuldigte zur Tatzeit steuerungsfähig war oder nicht. Deshalb ist er strafrechtlich nicht für diese Tat heranzuziehen“, lautete die Begründung.

Dennoch musste entschieden werden, wie dem Mann, der zur Tatzeit unter Einfluss von Beruhigungsmitteln sowie Antidepressiva stand und einen Alkoholwert von 1,4 bis 1,6 Promille aufwies, geholfen werden kann. Schließlich, so berichtete es der Gutachter, leide der gebürtige Staßfurter seit Jahren unter Panik- und Angstattacken und habe sich diesbezüglich auch schon einige Male - wenngleich erfolglos - behandeln lassen.

"Wir reden hier nicht über einen Ladendiebstahl"

Der Vorsitzende Richter schloss sich letztlich dem Plädoyer der Staatsanwältin an und entschied, den Beschuldigten in eine Entziehungsanstalt, einzuweisen - für maximal zwei Jahre. „Wir reden hier nicht über einen Ladendiebstahl, sondern eine schwere Straftat“, sagte er. So wurde die Strafe auch nicht auf Bewährung ausgesetzt, wie es der Verteidiger gefordert hatte. Warum? „Weil in der Vergangenheit alle Bemühungen des Beschuldigten, mit seiner Sucht und den depressiven Phasen klarzukommen, fehlgelaufen sind.“ Eine ambulante Behandlung komme deshalb auch nicht in Frage, da dabei die Abbruchgefahr zu groß sei.

Zudem habe sich die psychische Situation des Mannes in den vergangenen Monaten weiter verschlechtert. So sei laut Gutachten, nunmehr von einer schweren statt einer mittelgradigen Depression zu sprechen - hervorgerufen durch den Suizid des eigenen Sohnes.

Da weitere Vorfälle, wie jener mit dem „Fleischklopfer“, nicht auszuschließen sind, soll der Beschuldigte nun zum Schutz von anderen, aber auch vor sich selbst, im Maßregelvollzug therapiert werden. Denn, so die Ansicht des Vorsitzenden Richters, könnten Situationen, in denen Alkohol und Medikamente im Spiel sind, immer wieder eskalieren.

Im Rahmen der Therapie soll zunächst das Alkoholproblem in Angriff genommen werden. Denn der 49-Jährige habe noch nicht erkannt, dass er mit Alkohol ein Problem habe, meinte der Vorsitzende Richter.