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Aus dem Gericht Sexuelle Nötigung: Teenager aus Bernburg ist schutzlos ausgeliefert

72-jähriger Rentner vergreift sich an 16-Jähriger.

Von Carsten Roloff 11.11.2021, 19:00
Das Urteil ist gefällt.
Das Urteil ist gefällt. imago images/U. J. Alexander

Bernburg/MZ - Bei der Urteilsverkündung flossen Tränen der Erleichterung im Gesicht der Nebenklägerin. „Es war meiner Mandantin unheimlich wichtig, dass der Täter gesteht und sie nicht zu diesem Vorfall aussagen musste“, erklärte Rechtsanwalt Kay Friedenstab, der die Interessen der heute 17-Jährigen als Nebenkläger vertrat.

Rechtsgespräch geführt

Was war passiert? Etliche Male hatte der bis dahin beliebte Bekannte der Familie das Mädchen sicher von einem Ort zum anderen mit dem Auto chauffiert. Bis zu jenem 16. Oktober 2020, als dem Mann die „Testosteron-Sicherungen“ durchbrannten. Der 72-jährige Rentner steuerte seinen Wagen bei der Heimfahrt auf einen abgelegenen Parkplatz, griff auf seine alten Tage dem auf dem Beifahrersitz befindlichen Teenager unter den Wollpullover und begrapschte die Brüste. Anschließend versuchte der Täter, dem Mädchen in den Schritt zu fassen und wollte Sex mit ihr haben. Das Opfer versuchte vergeblich, sich aus der Umklammerung zu befreien. Als sie den Sexwunsch des Greises verweigerte, ließ er ab und fuhr sie nach Hause.

Nun musste sich der Rentner vor dem Amtsgericht in Bernburg wegen sexueller Nötigung verantworten. Erst nach einem mehr als viertelstündigen Rechtsgespräch zwischen der Verteidigung, der Staatsanwaltschaft, der Nebenklage und dem Gericht räumte der Sünder seine begangene Missetat ein. Wahrscheinlich in der Hoffnung auf ein mildes Urteil. Nach dem Gespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit hatten sich alle Seiten darauf geeinigt, dass das Strafmaß nicht höher als 14 Monate ausfällt und der Rentner ein Schmerzensgeld in Höhe von 900 Euro zahlt.

Rein egoistische Gründe

Dem im Plädoyer der Verteidigung dargestellten minderschweren Fall der sexuellen Nötigung sahen Staatsanwaltschaft und Gericht nicht. „Der Mann hat das in ihn gesetzte Vertrauen aus rein egoistischen Motiven missbraucht. Das Opfer hat niemals mit diesem Übergriff gerechnet“, so Staatsanwalt Frank Baumgarten. Er forderte ein Jahr und zwei Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung für den bisher völlig unbescholtenen Könneraner. Diesem Antrag folgte das Gericht.

„Das Geständnis führt zu keinem anderen Ergebnis des Sachverhalts. Es spielt nur eine Rolle bei der Höhe der Strafzumessung. Hätte der Angeklagte seine Tat nicht eingeräumt, wäre das Strafmaß wie die derzeitige Corona-Inzidenz sprunghaft nach oben gestiegen“, erklärte Strafrichter André Stelzner. Dem Mädchen blieb somit wenigstens eine peinliche Befragung erspart. Nur ein kleines Trostpflaster für die ausgestandene Angst und die Hilflosigkeit vor gut einem Jahr.