Schloss Bernburg Schloss Bernburg: Geschlossene Veranstaltung - Sammlungen bis 2021 im Depot

Bernburg - Zu reden ist hier nicht über irgendeinen Adelssitz in der anhaltischen Provinz. Schloss Bernburg steht für Landesgeschichte: Es war der erste bedeutende Herrschersitz der Askanier, Herzöge von Anhalt im Mittelalter. Mit dem Wolfgangsbau (1538/1539) erhebt der Bauherr Anspruch auf eine Führung in der Reformation in Anhalt.
Im kommenden Jahr wird es 20 Jahre andauern, dass das Schloss Bernburg für die Öffentlichkeit nicht mehr vollständig zugänglich ist. Dieser Zustand hat sich seit Ende vergangenen Jahres mit der umbaubedingten Schließung des Schlossmuseums noch verschärft. Mit dessen Wiedereröffnung im Krummen Haus ist frühestens im Sommer 2021 zu rechnen. Über den dauerhaften Zugang zum saaleseitig so imposanten Renaissanceflügel von Wolfgangs- und Joachim-Ernst-Bau - geschlossen seit der letzten Nutzung als Amtsgericht bis zum Jahr 2000 - nennt der Eigentümer, die Landes-Kulturstiftung, keinen Termin.
Gebautes Sachsen-Anhalt
Die Schmuckfassade zur Saale mit ihren pfostenfrei verglasten halbrunden Ecktürmen, die „Leuchte“, lässt acht Fürsten in steinernen Reliefs aus „Fenstern“ ins Land hinaus blicken, darunter neben Wolfgang auch Kurfürst Friedrich den Großmütigen und Joachim I. von Anhalt-Dessau. Deren Territorien umfassen im Wesentlichen die Landesteile des heutigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt. Die Bildnisse an der Leuchte sind daher schon einmal von einem Historiker dessen „vorweggenommene Gründungsurkunde“ genannt worden.
Man kann der Stiftung und der Stadt, die den Saale-Flügel von ihr gepachtet hat und als Depot nutzt, nicht vorwerfen, dass sie das nicht wüssten oder das Schloss vernachlässigen. Das ist finanziell zu belegen mit den vier Millionen Euro für den Umbau des Krummen Hauses, zuzüglich 1,3 Millionen für die Ausstattung.
Den Christiansbau saniert die Kulturstiftung derzeit für etwa fünf bis sechs Millionen für das künftige Kabarettarchiv. Etwa eine halbe Million Euro pro Jahr, zur Hälfte anteilig mit der Stadt, hat sie seit 1998 in den Wolfgangs- und Joachim-Ernst-Bau gesteckt, der äußerlich nun gesichert, innen aber weiter unzugänglich ist.
Auch sind der Bergfried („Eulenspiegelturm“) sowie weitere Flügel saniert worden, etwa für die Musikschule. „Die Stadt ist vorbildlich“, sagt Ralf Lindemann von der Kulturstiftung. „Wir haben uns zunächst auf die Kernaufgaben konzentriert“, sekundiert Roland Reichelt, der als Chef der stadteigenen „Bernburger Freizeit GmbH“ das Schloss in einem Portfolio hält, zu dem etwa der Tierpark gehört, und Fördergelder einwerben kann.
Aber solange die Landes-Kulturstiftung das Schloss als eine von etlichen kostspieligen Liegenschaften ansieht, und die Stadt es als vorrangig eigene kulturpolitische Aufgabe, droht die überregionale Bedeutung des Schlosses aufgrund jahrelanger Unsichtbarkeit zu verblassen. Wider besseres Wissen, ablesbar zum Beispiel in den Info-Stelen, die die Stadt im Burg-Garten hat aufstellen lassen, mit Texten des Bernburger Privatgelehrten Olaf Böhlk (den Hobbyhistoriker zu nennen sich verbietet). Die „Leuchte“ und die Fürstenporträts kommen zur Sprache, und auf weiteren Tafeln die askanische Frühgeschichte des Ortes.
Derselbe Böhlk hat nun jüngst in einem Offenen Brief die Stadt angeklagt, sie handle die Konzeption des künftigen neuen Schloss- und Stadtmuseums ohne öffentliche Teilhabe ab und verpasse so den „Diskurs über das Bernburger Geschichtsbild“. In seiner Antwort verweist der seit zwölf Jahren tätige Museumsdirektor, der Archäologe Roland Wiermann, auf seine Sachkenntnis und die Beratung durch Experten und Institutionen.
Ohne Bürger-Beteiligung
Im Gespräch betonen er und Reichelt, dass die GmbH die Verwaltungsaufgaben schultert und sich der Museumsdirektor „voll der inhaltlichen Arbeit“ widmen kann. Die thematische Gliederung ist in Grundzügen erarbeitet, erste Entwürfe der geplanten Räume liegen vor. Das geht von der Baalberger und Bernburger Kultur der Bronzezeit durchs frühe Mittelalter in die Residenzgeschichte. Die Stadt zeigt ihre Industriegeschichte und die Zeit der Wende.
Unter bürgerschaftlicher Beteiligung verstehen Wiermann und Reichelt die Mitwirkung von Stadtrat, Verbänden und Vereinen. Bürger zu Vorschlägen über Exponate und Konzepte zu ermuntern, halten sie nicht für sinnvoll. Das ist es aber eher nicht, was der Offene Brief meint. Ein Museum bewahrt geschichtliche Herkunft in Objekten, ist aber auch ein mentaler Ort. Belehrung durch Anschauung reift erst im Diskurs. Die Schließzeit erfordert dies umso mehr.
Beispiel „Eulenspiegel“: Im Museum soll das ehemalige Rathausfenster mit der von Karl Bloßfeld (1892-1957) „populär“ gemachten Darstellung prominent ausgestellt werden. Bloßfeld war künstlerisch den NS-Machthabern zu Diensten. Gehört sein Eulenspiegel also in die „Welt der Bernburger Sagen“ oder in die Kulturpolitik im Dritten Reich? Verbrämt er die Vernichtungsmaschinerie der Bernburger Tötungsanstalt? Von da bis zurück zu den Askaniern gäbe es Stoff genug für wissenschaftlich begleitete Diskussion im Vorfeld der künftigen Dauerausstellung. Dies zu initiieren ist im Interesse von Museum, Stadt und Land. (mz)