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Prozess wegen sexuellen Missbrauchs an Zwölfjährigen Prozess wegen sexuellen Missbrauchs an Zwölfjährigen: Chance zur Sexualtherapie für Pädophilen

Von Torsten Adam 28.04.2015, 17:14
«Justitia» steht in der alten römischen Mythologie für die ausgleichende Gerechtigkeit.
«Justitia» steht in der alten römischen Mythologie für die ausgleichende Gerechtigkeit. dpa/symbol Lizenz

Bernburg/Magdeburg - Ein 46-jähriger Bernburger ist am Dienstag am Landgericht Magdeburg wegen des schweren sexuellen Missbrauchs von zwei Kindern zu einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Olaf Q. wird diese im psychiatrischen Landeskrankenhaus Uchtspringe (Altmark) verbringen und sich dort einer Sexualtherapie unterziehen. Die 2. Jugendschutzkammer folgte mit der angeordneten Unterbringung in der Klinik den Anregungen von Gutachter Ralph-Michael Schulte, der dem geständigen Täter eine Pädophilie bescheinigt hatte, deren Therapie erfolgsversprechend sei. Weil diese gestörte Sexualpräferenz bislang unerkannt geblieben war, gab es bei zwei früheren einschlägigen Verurteilungen - im Jahr 2000 in Magdeburg und 2009 in Halle - nicht die entsprechenden Einweisungen zur Behandlung in einem Fachkrankenhaus.

Das Gericht hielt dem Angeklagten zugute, dass er mit einem umfangreichen Geständnis den beiden zwölfjährigen Jungen, an denen er sich im Oktober 2014 an zwei verschiedenen Abenden in seiner Wohnung vergangen hatte, eine Aussage ersparte. Andererseits fielen seine insgesamt 15 Vorstrafen in die Waagschale, von denen zwei einschlägig waren. „Der günstigen Therapieprognose des Gutachters räumen wir Vorrang gegenüber der Sicherungsverwahrung ein“, sagte die Vorsitzende Richterin Kerstin Werno in der Urteilsbegründung.

Eine Sicherungsverwahrung hatte in seinem Plädoyer Nebenkläger-Anwalt Matthias Jochmann gefordert, da der Schutz der Allgemeinheit vor diesem Täter im Vordergrund stehen müsse. Wie Staatsanwältin Christian Reckler sprach sich Pflichtverteidiger Jan Ochmann dafür aus, seinem Mandanten stattdessen die Chance auf eine Therapie seiner krankhaften Neigung einzuräumen, zumal er die Taten bereue und mittlerweile erkannt habe, dass nicht seine Alkoholsucht, sondern die Pädophilie sein Kernproblem ist. Die Augen hatte ihm die Leiterin der Bernburger Suchtklinik geöffnet, bei der er sich zwischen den jüngsten Straftaten und seiner Untersuchungshaft in Behandlung begeben hatte. „Für meinen Mandanten ist wichtiger als das Strafmaß, was er künftig mit seinem Leben anfangen kann“, sagte Jan Ochmann, der die von der Staatsanwältin geforderte Haftstrafe von vier Jahren als Höchstmaß ansah. Christiane Reckler rechnete dem Angeklagten dabei an, dass „er es in seinem Leben nicht einfach hatte.“ Im Kinderheim aufgewachsen und hier selbst Opfer von sexuellem Missbrauch, war der gebürtige Burger nach seiner Lehre im Traktorenwerk Schönebeck wegen fehlender sozialer Bindungen auf die schiefe Bahn geraten und dem Alkohol verfallen, von dem er sich seitdem nur temporär lösen konnte.

Olaf Q. nutzte seine letzten Worte im Gerichtssaal, um sich bei seinen Opfern und deren Familien zu entschuldigen: „Auch wenn das die Taten nicht mehr ungeschehen machen kann.“ Er habe danach zwei Suizidversuche unternommen, aber erkannt, dass er sich nicht aus der Verantwortung stehlen und in der Therapie an sich arbeiten will. (mz)