Poley bei Bernburg Poley bei Bernburg: Frauen-Power bei der Feuerwehr

Poley/Bernburg - Cordelia Kunze hat nicht gerade das, was man ein „breites Kreuz“ nennt. Und auch ein „Lautsprecher“ ist die 48-Jährige nicht unbedingt. Diese Eigenschaften braucht sie aber auch gar nicht, denn die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Poley haben auch so Respekt vor ihrer Chefin. Einstimmig hatten sie Kunze Mitte August zur neuen Wehrleiterin gewählt, im Bernburger Stadtrat wurde sie nun offiziell zum 1. November für die Dauer von sechs Jahren in dieses Amt berufen.
Dass sie als Frau an der Spitze eine echte Ausnahme ist, weiß Cordelia Kunze. Genau genommen, ist sie die einzige Frau im ganzen Salzlandkreis, die eine Feuerwehr leitet, wie die Pressestelle des Landkreises auf MZ-Anfrage mitteilt.
Und auch die Stellvertreter sind fast immer männlich. Lediglich vier Frauen haben diese Position inne: in Groß Rosenburg, in Bad Salzelmen, in Kleinmühlingen sowie in Poley. „Wir sind die einzige komplett weibliche Wehrleitung im Kreis“, weiß Cordelia Kunze.
Noch dazu ist ihre Tochter Franziska die Nummer zwei in Poley. Die Leitung der Feuerwehr liegt also ganz in Familienhand. Auch andere Zahlen belegen, dass die Feuerwehr noch immer eine Männer-Domäne ist: Während die Statistik fast 2.00 männliche aktive Einsatzkräfte im Salzlandkreis zählt, sind es bei den Frauen nur rund 350.
Und auch Cordelia Kunze wäre vielleicht nie zur freiwilligen Feuerwehr gekommen, wenn nicht schon ihre beiden Kinder frühzeitig ihre Begeisterung dafür entdeckt hätten. Acht Jahre ist es her, dass das jährliche Jugendzeltlager auf der Kippe stand, weil eine Betreuerin für die Mädchen fehlte. Cordelia Kunze wollte ihren und anderen Kindern den Spaß nicht verderben und meldete sich freiwillig.
Sie hat damals bereits als Schwimmtrainerin gearbeitet und besaß auch die Juleica (Jugendleitercard), so dass sie wichtige Voraussetzungen als Betreuerin mitbrachte. Wenig später schon war die gelernte Krankenschwester, die heute in der Verwaltung der Lebenshilfe in Bernburg arbeitet, zum Grundlehrgang angemeldet - auch das unter kräftiger Mitwirkung ihrer Kinder.
„Dort habe ich dann endgültig Blut geleckt“, blickt die gebürtige Bernburgerin, die seit 15 Jahren in Poley lebt, zurück. Ihr habe nicht nur die Kameradschaft untereinander, sondern das Gesamtkonstrukt „Feuerwehr“ imponiert. Es sei eben viel mehr als Feuer löschen, wie sie lange Zeit geglaubt hatte Auch die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen liegt ihr am Herzen. Und natürlich war der Gedanke, anderen Menschen helfen zu können, eine große Motivation für ihr Engagement. An den Grundlehrgang schlossen sich weitere Qualifikationen an - bis hin zum Gruppenführer und schließlich zum Wehrleiter.
An ihren ersten Einsatz - das Löschen des Osterfeuers, das vorzeitig angezündet worden war - erinnert sich Cordelia Kunze noch ebenso wie an ihren bisher schwersten: Ein Verkehrsunfall auf der Poleyer Landstraße mit tödlichem Ausgang. „Man fährt schließlich raus, um zu helfen und nicht, um zu bergen“, sagt Kunze. Doch in diesem Fall haben sie und ihre Kameraden nicht mehr helfen können.
Dass Frauen eine Wehr anders leiten als Männer, glaubt Kunze nicht. Vielmehr komme es auf den jeweiligen Charakter an - egal, ob Mann oder Frau: Es gebe Menschen in Führungspositionen, die eher autoritär handeln, und andere, die gemeinsam mit der Mannschaft entscheiden, meint Cordelia Kunze, die sich klar der zweiten Gruppe zuordnet.
Sie möchte kein Chef sein, der über die Köpfe der anderen entscheidet, sondern gemeinsam mit den Kameraden nach einer Lösung suchen. Natürlich gebe es auch Punkte, die sie als Wehrleiterin einfach für alle entscheiden muss, fügt sie hinzu.
Ansonsten sind ihre Aufgaben so vielfältig, dass sie sie gar nicht alle aufzählen kann. Sie muss unter anderem die Abläufe in der Wehr organisieren, Statistiken und Berichte erstellen, Lehrgänge planen, sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmern und anderes mehr. Sie betont aber auch, dass sie bei vielen Dingen Unterstützung erfährt - nicht nur durch die anderen Feuerwehrleute, sondern auch von ihrem Vorgänger, der sich aus gesundheitlichen und familiären Gründen nicht wieder zur Wahl gestellt hatte. (mz)