Kultur und Ernährung Nach Schweinefleisch-Verbot in zwei Kitas in Leipzig: So organisieren Kindergärten in Bernburg den Speiseplan

Bernburg - Die Aufregung war groß, als vor knapp zwei Wochen in zwei Leipziger Kitas Schweinefleisch vom Speiseplan verschwinden sollte - aus Rücksicht vor zwei muslimischen Mädchen.
Kurze Zeit später ruderte der Kita-Leiter Wolfgang Schäfer zurück und ging wieder auf Abstand zur Speiseplanänderung. Zu groß sei der bundesweite Aufschrei gewesen. Viele Eltern sahen sich offenbar in der Freiheit eingeschränkt, dass ihre Kinder alles essen können, was sie wollen.
„In unseren Kitas wird es auch weiterhin Schweinefleisch geben“, sagt Sozialdezernent Paul Koller
In Bernburg ist ein ähnliches Verbot undenkbar, sagt Sozialdezernent Paul Koller: „In unseren Kitas wird es auch weiterhin Schweinefleisch geben.“ Er betont, dass „bei uns auf die Bedürfnisse jedes Kindes eingegangen wird“.
Die verschiedenen Anbieter, die ihr Essen in die Kitas liefern, werden demnach jeweils vom Elternkuratorium ausgewählt und auch der konkrete Speiseplan wird auf dieser Grundlage zusammengestellt. „Da wird genau aufgeschrieben, wer was wann essen möchte.“
Und da sei es egal, ob man kein Schwein isst, komplett auf Fleisch verzichtet oder besondere Allergien habe. Ein generelles Verbot - wovon auch immer - sei laut Koller jedenfalls in keiner Weise zielführend.
Rund 50 Kinder in der Kita „Kleine Stifte“ in Bernburg kommen aus Einwander-Familien
Die Kitas in Leipzig waren keine städtischen, sondern in freier Trägerschaft. So ist es auch bei der Bernburger Kita „Kleine Stifte“, die zur Stiftung Evangelische Jugendhilfe St. Johannis gehört. Die Einrichtung an der Heinrich-Rau-Straße liegt in einem sozialen Brennpunkt, in dem viele verschiedene Nationen und Kulturen aufeinander treffen.
Das spiegelt sich auch in der Herkunft der Kita-Kinder: „Etwa 50 unserer 110 Kinder haben einen Migrationshintergrund und von diesen 50 isst etwa die Hälfte aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch“, sagt Kita-Leiterin Kirsten Schmidt.
Probleme bei der Essensausgabe gebe es trotzdem nicht. So stünden nicht nur täglich zwei verschiedene Gerichte zur Wahl, sondern auch ein zusätzliches vegetarisches Alternativgericht.
Jeden Tag gibt es drei Mittagsgerichte, darunter ein vegetarisches
„Weil wir so viele sind, kann man jedes der Gerichte gesondert kochen - bei uns gibt es keine Assietten.“ Allerdings bekommen auch die „Kleinen Stifte“ das Essen geliefert - seit 1995 vom Menüservice Bergmann’s aus dem Köthener Ortsteil Löbnitz an der Linde. „Damit sind wir sehr zufrieden.“
Regelmäßig werde ein Fragebogen gemeinsam mit den Kindern ausgefüllt, der die Essenswünsche der Kleinen festhält. Dabei hat sich gezeigt: „Das Lieblingsessen unserer Kinder ist Pizza“, sagt die stellvertretende Kita-Leiterin Andrea Hoppe.
Kinder in der Kita „Kleine Stifte“ in Bernburg kommen aus 22 Nationen
Die Kinder der Einrichtung kommen aus insgesamt 22 Nationen - von Indien über Eritrea bis Guinea-Bissau. Das bedeutet: viele Sprachen und noch mehr Dialekte. Deshalb setzt man hier auch auf Bilder statt Worte:
An der Wand im Flur hängt immer eine große Tafel, auf der anhand von Fotos und Piktogrammen erklärt ist, welche Gerichte es in dieser Woche gibt und von welchem Tier das Fleisch dafür stammt. Kann, darf oder will ein Kind nichts davon essen, gibt es das Alternativgericht. „Auch wenn das zur Not mal nur Nudeln ohne Soße sind“, sagt Kirsten Schmidt. (mz)
