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Mit der Familie immer auf Tournee

Von Paul Spengler 31.07.2005, 16:11

Bernburg/MZ. - Vier Zugmaschinen schleppen die zehn bis zwölf Wagen von Ort zu Ort. Auch Diana Lauenburger, die zierliche Ehefrau, übernimmt das Lenkrad, um die schweren Lkw zu steuern. Im Tagesablauf hat sie klar geteilte Aufgaben. Kochen und Waschen sowieso. Die Werbung ist Sache der Ehefrau, schließlich müssen Schilder und Plakate Tage vorher aufgehängt und verteilt werden. Diana Lauenburger übernimmt auch die Kasse. Als Artistin schwingt sie sich auf das Hochseil, sie übernimmt Zwischenansagen und ist für die Taubendressur verantwortlich.

Vom Risiko des Berufs hat ihr Mann schon einiges kennen gelernt. Vor 18 Jahren hat sich Alois Lauenburger beim Salto vom Pferd beide Sprunggelenke gebrochen. "Ich habe schon viele Abstürze hinter mir", resümiert der 40-Jährige. Seinen Kindern Giulia (13), Rodrigo (11), Francesco (7) und Antonio (5) würde er diese Risiken nicht zumuten, sagt der Zirkuschef. Flic-Flac oder Salto mit Handstand, das sei schon eine ganz andere Sache.

Praktische Intelligenz zeigt sich auf verschiedene Weise. Die dreizehnjährige Giulia übernimmt die Kantine vor der Vorstellung. Der elfjährige Rodrigo wird zum Beleuchter und im nächsten Moment wieder zum Clown. "Es ist alles Gewöhnungssache", meint Giulia auf die Frage, ob sie nervös ist, wenn sie in die Manege tritt. Am Dienstag wird erst einmal Geburtstag gefeiert. Dann wird Francesco acht Jahre alt. "Wir feiern wie jede andere Familie auch", sagt die Mutter.

"Entweder haben Sie ein kleines Unternehmen oder einen ganz großen Zirkus, alle anderen dazwischen haben es schwer", ist die Erfahrung des Ehepaares. Namen wie Probst oder Berolina, die alle zwei Jahre ihre festen Spielorte bereisen, spielen in einer ganz anderen Klasse. In der Nische dazwischen leben Familienunternehmen wie die Lauenburgers. Zwei verschiedene Standorte in der Woche sind die Regel. Von Ende Januar bis Anfang November dauert die Saison. Für die Kinder bedeutet das ständigen Schulwechsel von Ort zu Ort. Ein Schulabschluss ist da in den meisten Fällen nicht möglich.

Zum Ostfriesland Circus gehören Pferde, Ponys und Ziegen. Die Lamas treten noch nicht in der Manege auf. Sie sind noch in der Ausbildung. "Die Veterinärämter wollen nicht, dass Tiere gehalten werden, die nicht in der Manege sind", sagt Lauenburger. Aber schließlich müsse auch Gelegenheit bleiben, sie erst darauf vorzubereiten.

Ist ein Zirkus ohne Tiere überhaupt denkbar? Wohl kaum. Aus der Not geboren war das Unternehmen vor Jahren einmal nur mit einem Varieté-Programm unterwegs. Da wurde spürbar, dass etwas Entscheidendes fehlt. Eine andere Frage ist, ob es Raubtiere sein müssen. "Ein Zirkus ohne Tiere ist einfach kein Zirkus", weiß der Chef des Unternehmens aus Erfahrung.

Von Bernburg aus geht es weiter nach Nienburg. Dort sind am Mittwoch um 15 und um 18 Uhr zwei Vorstellungen geplant. Am nächsten Wochenende ist dann der Standort in Großrosenburg, bevor es weiter geht nach Calbe und nach Barby. Und zwischen Weihnachten und Neujahr ist dann vielleicht wieder der Weihnachtszirkus in Angermünde zu sehen, wo der Ostfriesland Circus seit zwei Jahren sein Winterquartier aufschlägt.