Leserärger in Belleben Leserärger in Belleben: Warum ein Schüler täglich 67 Minuten für den Schulweg braucht

Belleben - Wenn im Gymnasium Carolinum in Bernburg um 7.50 Uhr die erste Stunde eingeläutet wird, haben einige der Schüler bereits einen langen Weg hinter sich. So wie der elfjährige Sohn von Familie Zimmermann, der seit diesem Schuljahr das Gymnasium besucht. Zu Hause jedoch ist er in dem Könneraner Ortsteil Belleben, rund 20 Kilometer von der Saalestadt entfernt. Um zur Schule zu gelangen, ist er auf den Bus angewiesen, in dem er tagtäglich pro Strecke 67 Minuten verbringt.
„Aufstehen muss unser Sohn um 5.15 Uhr, denn der Bus fährt in Belleben um 6.13 Uhr los“, erzählt sein Vater Guido Zimmermann. Planmäßige Ankunft in Bernburg: 7.20 Uhr, meist etwas später, so Zimmermann, denn die Kinder begeben sich Tag für Tag auf eine Rundreise. So fährt die Linie 121 von Belleben erst nach Piesdorf, Strenznaundorf, Gnölbzig und Zweihausen über Alsleben nach Mukrena, Zweihausen, Poplitz, Beesenlaublingen, Beesedau, Kustrena und schließlich nach Bernburg. Allein bis zum lediglich vier Kilometer entfernten Alsleben vergehen gut 30 Minuten.
Anderthalb Stunden Fahr-und Wartezeit
Sicher wäre sein Sohn dankbar, wenn er länger schlafen könnte, meint der Vater und spielt dabei auf die flexibleren Unterrichtsanfangs- und -endzeiten an, die vom Salzlandkreis vorangetrieben werden sollen. Doch: „Wenn wir bedenken, dass er zwei Mal 67 Minuten Busfahrzeit sowie vor und nach der Schule jeweils 30 Minuten Wartezeit hat, ist das nicht schön.“
Tagtäglich werde somit auch die von der Schülerbeförderungssatzung vorgegebene maximale Beförderungszeit von 60 Minuten überschritten. Theoretisch. Denn praktisch biete sich dem Bellebener eine alternative Fahrmöglichkeit, auf die Kreisverwaltung und Kreisverkehrsgesellschaft (KVG) auf MZ-Nachfrage verweisen. So kann der Elfjährige mit der Linie 122 um 6.30 Uhr von Belleben nach Alsleben fahren und dort in die Linie 121 umsteigen. „Die Beförderungszeit beträgt somit 50 Minuten“, heißt es - inklusive der zweiminütigen Umstiegszeit.
Eine Alternative? Nicht für Familie Zimmermann, die bereits darüber nachgedacht hat. „Da ergibt sich ein neues Problem: Ab Alsleben gibt es kaum noch Sitzplätze.“ Und auf dem Weg nach Bernburg steigen neben Schülern auch andere Fahrgäste zu, so Zimmermann.
Kreis und KVG sehen keinen Handlungsbedarf
Dass noch mehr Busse und somit Kosten eingespart werden sollen, ist für die Familie nicht nachzuvollziehen. „Das geht zulasten der Schulkinder.“ Die Folge: Längere Fahrzeiten und überfüllte Busse. „Sind sich die Verantwortlichen bewusst, welche Zustände herrschen?“, fragt Guido Zimmermann.
Kreis und KVG schätzen indes die Sitz- und Stehplatzkapazitäten auf der Fahrt 4 der Linie 121 als „ausreichend“ ein. Von einer Überfüllung könne nicht die Rede sein. Es bestehe zudem auch kein Anspruch auf einen Sitzplatz. Und weiter: Die Abfahrtszeiten müssen nicht angepasst werden, „da das Alternativangebot satzungskonform ist“. Dennoch werde der geschilderte Fall seitens der KVG bei den Vorarbeiten für den kommenden Fahrplan ab 1. August „geprüft“.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer für Familie Zimmermann, deren Problem vielen anderen Eltern ebenfalls bekannt sein dürfte. Sie wünschen sich vor allem eines: „Wir würden Herrn Wechselberger gern mal einladen, um die Busreise von Belleben nach Bernburg zu machen. Dann kann er sich selbst ein Bild von den Zuständen machen.“ (mz)