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Lehrermangel Lehrermangel im Raum Bernburg: Acht Stellen sind ausgeschrieben, doch der wirkliche Bedarf liegt viel höher

Von Torsten Adam 15.03.2018, 06:55
Anne-Kathrein Osse ist seit 1978 Lehrerin. Am Campus Technicus unterrichtet sie nur noch in diesem Schuljahr Deutsch und Englisch. Dann geht sie mit einer weiteren Kollegin, Gabriele Wirth, in den Ruhestand.
Anne-Kathrein Osse ist seit 1978 Lehrerin. Am Campus Technicus unterrichtet sie nur noch in diesem Schuljahr Deutsch und Englisch. Dann geht sie mit einer weiteren Kollegin, Gabriele Wirth, in den Ruhestand. Engelbert Pülicher

Bernburg - Um Lücken in der Personaldecke zu stopfen, hat das Land Sachsen-Anhalt aktuell noch einmal 120 Lehrerstellen an allgemeinbildenden Schulen und zehn weitere an Berufsschulen ausgeschrieben.

Bewerbungsschluss ist am 15. März. Hilfe naht dann möglicherweise auch für eine Schule in der Region, an der die Situation besonders angespannt ist - das Campus Technicus. Für die Bernburger Sekundarschule sind eine Mathematik- und eine Englisch-Stelle ausgeschrieben worden.

Fünf Lehrer fehlen, zwei Neueinstellungen sind geplant

Ansonsten werden für Bildungseinrichtungen im Salzlandkreis sechs weitere Lehrer gesucht: vier ohne vordefinierte Fachspezifikation an nicht festgelegten Grundschulen sowie jeweils eine an Gemeinschaftsschulen in Aschersleben und Staßfurt.

„Wenn wir zwei Lehrer kriegen, wäre das schön“, sagt Campus-Rektorin Christine Brauns. Es sind bescheidene Worte. Denn eigentlich hat die Schule einen Bedarf von fünf Lehrkräften angemeldet, um mit voller Mannschaft unterrichten zu können. Das heißt, dass auch die sogenannte Vertretungsreserve von 103 Prozent erfüllt ist.

Kein Ersatz für ausgeschiedene Pädagogen

Mit diesem Sicherheitspuffer sollen krankheitsbedingte Ausfälle abgefangen werden. Gerade am Campus Technicus wäre er vonnöten angesichts zweier langzeiterkrankter Lehrer. Mit den beiden nunmehr ausgeschriebenen Stellen könnten zwei Pädagogen ersetzt werden, die im Vorjahr in den Ruhestand gegangen sind.

„Für sie haben wir bisher keinen Ersatz bekommen“, sagt Christine Brauns. Neben Mathe und Englisch sei auch Bedarf an Fachlehrern für Sport, Ethik sowie Wirtschaft/Technik, erläutert die 56-Jährige.

Pro Schuljahr sind höchstens 80 Überstunden erlaubt

„Wir versuchen das alles aufzufangen. Aber ich kann die Kollegen auch nicht unbegrenzt mit Mehrarbeit belasten“, sagt die Rektorin. Neben den 25 regulären Unterrichtsstunden pro Woche können die Lehrer maximal zu vier weiteren verpflichtet werden. Pro Schuljahr dürfen sie nicht mehr als 80 Überstunden schieben.

„Die sind schnell erschöpft“, sagt Christine Brauns, die quasi vor der Quadratur des Kreises steht. Einerseits wolle sie die Kinder so viel lehren wie möglich, andererseits dürfe sie nicht die Belastbarkeit des Kollegiums überstrapazieren. „Die meisten sind über 50.“ Wegen der grassierenden Grippe müsse deshalb derzeit leider viel Unterricht ausfallen.

Höher Altersdurchschnitt von 56 Jahren

Und die Perspektiven sind aus heutiger Sicht alles andere als rosig. Der Altersdurchschnitt der Pädagogen an Sachsen-Anhalts größter Sekundarschule liegt bei 56 Jahren, im ganzen Kreis bei 52 Jahren. Von den 58 Lehrern am Campus Technicus sind laut Rektorin lediglich zwei um die 30 Jahre, der Großteil 50 und älter.

Da bedarf es keiner höheren Mathematik-Kenntnisse, um zu erkennen, dass in den nächsten 15 Jahren gewaltige Herausforderungen in der Personalpolitik des Landes lauern. Ausgerechnet aber in Mathe - wie allgemein in naturwissenschaftlichen Fächern - fehlt es nach Angaben aus dem Landesschulamt an qualifizierten Bewerbern.

Die Situation am Campus Technicus ist eher Beispiel als Einzelfall. Im gesamten Kreis liegt die Unterrichtsversorgung an den allgemeinbildenden Schulen deutlich unter 100 Prozent - mit negativer Tendenz. Die schlechtesten Werte im laufenden Schuljahr sind an Gymnasien (95,6 Prozent) zu verzeichnen, an Sekundarschulen sieht es kaum besser aus (96,6 Prozent). Also ein ganzes Stück weit weg von der Zielvorgabe 103 Prozent.

Lediglich bei den Jüngsten (97,2 Prozent) gestaltet sich die Lage besser. „Unser besonderes Augenmerk liegt auf den Grundschulen, weil dort die Betreuung im Rahmen der verlässlichen Öffnungszeiten abgesichert sein muss“, erklärt Schulamt-Sprecherin Silke Stadör den Grund. An welchen Einrichtungen die vier pauschal für den Salzlandkreis vorgesehenen Neu-Pädagogen lehren werden, sei von deren Befähigung abhängig. Sie werden dort zum Einsatz kommen, wo „ihre Einstellung den größten Nutzen bringt“. Die Stadt Bernburg hat laut Sozialdezernent Paul Koller eine Stelle an der Goethe-Grundschule und eine Elternzeit-Vertretung für die Grundschule Baalberge als Bedarf angemeldet.

Hoffnung besteht für die seit fast zwei Jahren verwaiste Schulleiter-Stelle in Nienburg, wo erst Anke Thiele aus Könnern und derzeit Dominika Emmermacher von der Bernburger Mehring-Schule kommissarisch eingesetzt sind. Wie Silke Stadör mitteilte, liegt eine Bewerbung vor, die geprüft wird.

(mz)