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LED-Straßenlampen für Bernburg LED-Straßenlampen für Bernburg: Es gibt Alternativen zu grellem Weiß

Von Torsten Adam 18.07.2017, 05:45
Erkennen Sie den Unterschied an den Gesichtshälften? Links das tageslichtweiße LED-Licht, rechts eine LED-Straßenleuchte, die der Bernburger Unternehmer Thomas Hensel mit seinen Ingenieuren entwickelt hat.
Erkennen Sie den Unterschied an den Gesichtshälften? Links das tageslichtweiße LED-Licht, rechts eine LED-Straßenleuchte, die der Bernburger Unternehmer Thomas Hensel mit seinen Ingenieuren entwickelt hat. Engelbert Pülicher

Bernburg - „Effizient - aber schön?“ titelte die MZ in ihrer Ausgabe am 28. Juni, als es um die laufende Umrüstung und den Ausbau der Bernburger Straßenbeleuchtung in LED-Technik ging. Die Behauptung der Stadtwerke-Verantwortlichen, dass die Installation von weißfarbigen Lampen alternativlos sei, weil sonst Effizienz verloren gehen würde, hat Thomas Hensel erstaunt. Der 50-jährige Bernburger kommt aus der Branche, bietet mit seiner Firma Logilux selbst eben jene Alternativen an, von denen die Stadtwerke nichts wissen.

Weißes Licht sorgt für Skepsis

Nicht nur in der Bevölkerung, auch viele Stadträte und Oberbürgermeister Henry Schütze (parteilos) sehen das grelle LED-Licht, womit beispielsweise die kleine Hallesche Straße ausgerüstet worden ist, mit Skepsis. In der jüngsten Bauausschusssitzung fragte auch der Vorsitzende des Gremiums, Hartmut Zellmer (CDU), nach Alternativen. Denn er stört sich an der unterschiedlichen Erhellung des Karlsplatzes in der Dunkelheit.

Im oberen Bereich leuchten noch herkömmliche Natriumdampf-Lampen im warmen Gelbton, im unteren Parkareal weißes LED-Licht. Das verbraucht zwar nur die Hälfte des Stroms, geht aber zu Lasten der Stimmung.

Die Antwort der Stadtwerke Bernburg gegenüber der MZ fiel ernüchternd aus. Ein Gelbton werde trotz Fortschritts bei der Entwicklung wärmerer Lichtfarben definitiv nicht zu erreichen sein, hieß es. Und würde man gelbe Scheiben davorsetzen, um ein angenehmeres Ambiente zu erreichen, ginge dies zu Lasten der Energieeffizienz. Laut Stadtwerke-Geschäftsführer Gerald Bieling spart LED gegenüber der bisherigen Straßenbeleuchtung zirka 50 Prozent Strom.

Logilux entwickelt LED-Lösungen

Thomas Hensel, jahrelang als Kaufmann im Elektrogroßhandel tätig, führt seit zehn Jahren die LED-Firma Logilux - zunächst in Schönebeck, seit dreieinhalb Jahren in Bernburg. Das Unternehmen entwickelt mit einem Ingenieurteam innovative LED-Lösungen und lässt diese Leuchten an TÜV-zertifizierten Produktionsstandorten in England, Polen, China und der Türkei fertigen.

Der 50-Jährige vergleicht die Entwicklungsarbeit bei LED mit dem Formel-1-Rennsport: „Da haben mehrere Teams die gleichen Ausgangsvoraussetzungen und sind doch unterschiedlich schnell, weil es sehr schwer ist, aus den vielen einzelnen Komponenten das optimale Gesamtpaket zu formen“.

In der Lichtbranche hätten die Marktführer gar kein besonderes Interesse, Techniken weiterzuentwickeln, so lange ihre Produkte sich verkaufen. Und genau dort würden die meisten Lieferanten von Kommunen aber bestellen. Und das sei nicht mal eine Frage des Preises.

„Öffentliche Entscheidungsträger tun sich schwer"

Hensels Kunden rekrutieren sich allesamt aus der Privatwirtschaft. Das komme nicht von ungefähr. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich öffentliche Entscheidungsträger grundsätzlich schwerer als private tun“, sagt der Lichtspezialist, dessen Referenzliste lang ist. Er hat unter anderem etliche Edeka-Märkte ausgerüstet, in Bernburg den Raab-Karcher-Baustoffhandel und den Esco-Salzschacht unter Tage.

Auch Straßenbeleuchtung ist in seinem Portfolio. Den Unterschied zu den von den Stadtwerken verwendeten Leuchten demonstriert er in seinem Büro am Kugelweg. Die Eigenentwicklung liefert ein freundliches, rötlich-gelbes Licht. „Dafür muss man bei gleichem Energieverbrauch nicht auf Effizienz verzichten“, sagt Thomas Hensel.

Er bietet den Stadtwerken eine Beratung an

Die Umrüstung der Straßenbeleuchtung in Bernburg sieht er mit Sorge. „Noch ist überschaubar, was bisher hier verursacht wurde. Jetzt sollte man aber schnell die Weichen in eine andere Richtung stellen“, fordert er die politisch Verantwortlichen zum Handeln auf, bietet den Stadtwerken eine Beratung an.

Die unter anderem an der Dr.-John-Rittmeister-Straße in Richtung Neuborna und an der kleinen Halleschen Straße verbaute Lichtfarbe von 6000 bis 6500 Kelvin werde als „Tageslichtweiß“ bezeichnet und sei vollkommen ungeeignet für den Einsatz in der Nacht. „Diese Lichtfarbe ist konzipiert für Büros, Werkhallen und Schulräume, in denen man sich mindestens sechs Stunden aufhält.“ Dem menschlichen Auge werde damit Tageslicht vorgegaukelt, um den Ermüdungsgrad zu verringern. Beim Einsatz auf der Straße leide nicht nur die Ästhetik des Stadtbildes. Das grelle Licht gefährde den

Biorhythmus der in den Bäumen lebenden Vögel. Und sei vor allem ein Sicherheitsrisiko für Autofahrer, die beim Einfahren in solch taghell erleuchteten Straßen für kurze Zeit enorm geblendet würde. „Von wem haben sich die Stadtwerke da bloß beraten lassen?“, fragt der Bernburger.

Die Antwort auf die von der MZ weitergereichte Frage gibt Stadtwerke-Chef Gerald Bieling: „Wir haben bei uns genug Experten, die sich jahrelang damit beschäftigen. Wir brauchen uns nicht beraten lassen.“ Die inhaltliche Kritik kann er nicht entkräften. Bieling bietet an, dass sich Hensel an die Stadtwerke mit einem Angebot wenden kann, es müsse aber bestimmten Parametern wie Effizienz und Preis entsprechen.

Keine Antwort auf E-Mail

Das Angebot, die Stadt bei der Straßenbeleuchtung fachlich zu beraten, hatte der Unternehmer schon am 9. November 2016 dem Oberbürgermeister gemacht. In einem an die offizielle E-Mail-Adresse der Stadtverwaltung versendeten Schreiben wies er darauf hin, dass eine nachts besser geeignete Farbtemperatur zwischen 3.000 und 4.000 Kelvin „gleichermaßen für Energieeffizienz und Sicherheit in der kommunalen Beleuchtung sorgen kann.“

Thomas Hensel erhielt darauf „nicht mal eine Eingangsbestätigung, geschweige denn eine Antwort“ aus dem Rathaus. Stattdessen verabschiedete der Stadtrat vor wenigen Wochen den neuen Beleuchtungskatalog und folgte bei der Lichtauswahl den Experten der Stadtwerke. (mz)

Vielfach kritisiert: die taghelle LED-Beleuchtung an der kleinen Halleschen Straße.
Vielfach kritisiert: die taghelle LED-Beleuchtung an der kleinen Halleschen Straße.
Pülicher