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Jäger im Salzlandkreis Jäger im Salzlandkreis: Harte Zeiten für Meister Lampe

Von Torsten Adam 13.07.2017, 18:40
Ein seltenes Bild im Salzlandkreis geworden: Zwei männliche Feldhasen liefern sich auf einer Wiese einen Kampf um ein Weibchen.
Ein seltenes Bild im Salzlandkreis geworden: Zwei männliche Feldhasen liefern sich auf einer Wiese einen Kampf um ein Weibchen. DPA

Bernburg - Jeder Jäger im Salzlandkreis hat im zurückliegenden Jagdjahr, das am 31. März endete, im Durchschnitt zwölf Stück Wild erlegt.

Insgesamt erlegten die 884 Waidmänner mit gültigem Jagdschein in den rund 150 Revieren der Region 10 406 Tiere, mehr als 2500 weitere kamen durch Verkehrsunfälle ums Leben oder starben eines natürlichen Todes.

Das geht aus der Bilanz vor, die Kreisjägermeister Jens Hennicke am Donnerstag im Bernburger Landratsamt der MZ präsentiert hat.

Jäger im Salzlandkreis: Im Schnitt 56 Jahre alt

Die 726 in den vier Jägerschaften des Kreises organisierten Jäger, davon 215 in Bernburg, haben einen Altersdurchschnitt von 56 Jahren - ein seit Jahren konstanter Wert.

„Weil sich auch viele junge Leute für die Jagd interessieren“, sagt Jens Hennicke.

Von den 35 Teilnehmern der nächsten Jägerprüfung im September sind nur zwei älter als 50, ergänzt Anke Wolkenstein, die bei der Unteren Jagdbehörde unter anderem die jährlichen Abschusspläne koordiniert.

Auch Frauen interessieren sich für die Jagd

„Wir freuen uns, dass sich auch zunehmend Frauen für die Jagd interessieren. Sie hören gut zu und sind bei den Prüfungen extrem gut vorbereitet“, lobt der Kreisjägermeister.

Abgefragt wird dann unter anderem auch Wissen im Bereich Ökologie. „Wer Mitglied im Landesjagdverband ist, ist auch anerkannter Naturschützer“, betont der 46-jährige Calbenser, der selbst seit 1999 auf die Pirsch geht und das Hobby inzwischen mit seiner Frau teilt.

Ein Großteil seiner Zeit verbringe ein Jäger gar nicht mit der eigentlichen Jagd, sondern mit Hege und Pflege der Flora.

Weiter steigende Abschusszahlen

Weiter steigende Abschusszahlen spiegeln sich auch in den 56 Tonnen Schalenwild (Rehe, Hirsche, Wildschweine, Mufflons), die auf den 114 Quadratkilometern jagdbarer Fläche im Landkreis erlegt worden sind. Reh- und Schwarzwild-Strecken erreichten dabei ein Rekordniveau.

Eine Ursache ist laut Jens Hennicke der zunehmende Anbau von Mais - das Lieblingsfutter der Wildschweine.

Anbau von Mais macht dem Feldhasen das Leben schwer

Derartige Monokulturen machen andererseits dem Feldhasen das Leben schwer. „Er wird in manchen Revieren gar nicht mehr geschossen“, verweist der Kreisjägermeister auf den starken Rückgang der Population.

Zwar ließen 146 Hasen ihr Leben, davon aber nur 18 durch die Kugel. Die Mehrzahl (102) starb auf den Straßen.

Auch dafür hat Jens Hennicke eine Erklärung: Meister Lampe ernähre sich vorwiegend von Kräutern, finde diese aber meist nur noch in Straßengräben.

Einsatz für Verkehrssicherheit

Erhöhte Wildunfallzahlen, auch aufgrund der wachsenden Bestände bei Rehen und Wildschweinen, sind die logische Konsequenz.

Die Jäger im Salzlandkreis engagieren sich hier stark, um durch das Anbringen von blauen Reflektoren an den Leitpfosten das Wild von den Fahrbahnen zu vergrämen.

„Diesen Beitrag zur Verkehrssicherheit bezahlen wir in der Regel aus der eigenen Tasche“, sagt Jens Hennicke - und kündigt an, den Landkreis um finanzielle Unterstützung zu bitten.

Auch Kfz-Versicherer in der Pflicht

Ziel müsse es sein, möglichst alle Straßen mit erhöhtem Wildwechsel entsprechend ausrüsten zu können. Aus der Sicht des 46-Jährigen stünden eigentlich die Kfz-Versicherer in der Pflicht, ernsthafte Hoffnung auf Geld aus dieser Branche hegt er allerdings nicht.

Während es um Meister Lampe ziemlich schlecht bestellt ist, führen die Jäger der Region einen fast aussichtslosen Kampf gegen Waschbären. 2297 Exemplare der Nordamerika-Einwanderer sind im vorigen Jagdjahr in Lebendfallen gefangen und anschließend getötet worden.

Waschbären akute Bedrohung für heimische Singvögel

Das Aufstellen der Fallen am Abend und deren notwendige Kontrolle am nächsten Morgen sei ein enormer Zeitaufwand. „So putzig wie sie wirken - sie sind eine akute Bedrohung für unsere heimischen Singvögel“, stellt Jens Hennicke klar.

Für die These, dass sich die Waschbären umso stärker reproduzieren je intensiver sie bejagt werden, gebe es noch keinen wissenschaftlichen Beleg. Bislang seien keine entsprechenden Tests vorgenommen worden.

Mehr Marderhunde und Nutria

Ein weiterer Einwanderer in der Region, allerdings aus Asien, ist der Marderhund. 140 Tiere sind erlegt worden. Die milden Winter haben zudem eine Ausdehnung der Nutria-Bestände begünstigt.

Lag ihre Abschusszahl 2014/2015 noch bei 17, stieg sie mittlerweile auf 175 - etwa das Zehnfache - an.

Auch das Engagement für Artenvielfalt spielt eine Rolle

An anderer Stelle engagieren sich die Waidmänner bewusst für die Artenvielfalt. Rund um Alsleben setzt sich nach Angaben des Kreisjägermeisters eine Hegegemeinschaft für die dauerhafte Ansiedlung von Damwild ein, das bisher in der Region eine Seltenheit ist - wie gerade mal 16 Abschüsse belegen.

Und seit dem Hochwasser 2013 hat sich an den Latdorfer Kalkteichen auch eine Muffelwild-Herde entwickelt - die ersten vier Tiere sind dort kürzlich geschossen worden. „Sie sind bei der Flut wahrscheinlich irgendwo aus einem Gatter entkommen“, erklärt Jens Hennicke die Herkunft der Wildschafe. (mz)