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Inniger Kuss über dem Schreibtisch

Von Katrin Boese 01.01.2007, 21:13

Bernburg/MZ. - Der amüsierte Zuschauer sah sich zurückversetzt in eine Zeit, in der zwar kein hektisches Handy-Geklingel die Münchner Rechtsanwaltskanzlei des Doktor Stein dominiert, die jedoch durch Irrungen und Wirrungen mehr und mehr zu einem Narrenhaus zu werden scheint. Der Trubel anno 1900 ist hausgemacht, und schuld daran sind zwei Menschen, die es eigentlich nur gut mit dem Herrn Doktor meinen. Da ist zum einen Steins Kanzleischreiber, der alles daransetzt, den drohenden Ruin seines Brötchengebers zu verhindern, indem er gewinnbringende Prozesse an Land zu ziehen versucht. Und da ist die alte Haushälterin, die ihrem Hansl, dem überzeugten Junggesellen, unbedingt eine Frau verschaffen will.

Alles in allem zeitlose Probleme in Thomas Verwechslungskomödie, die in der leicht veränderten Fassung durch Georg Lohmeier ("Jede zweite Straße in München ist elf Monate im Jahr wegen Bauarbeiten unpassierbar!") zu Turbulenzen führen. Denn die drei Witwen, von denen es die eine auf das Herz des Rechtsanwalts, die andere vorerst auf dessen juristischen Beistand und die dritte auf eine gute Partie abgesehen hat, bringen sowohl das Leben des Kanzleischreibers als auch das des Advokaten kräftig durcheinander.

Da verwundert nicht, dass es den Herrn Doktor nach Paris zieht oder zumindest zurück in die Wälder, aus denen er gekommen ist. Zumal ihm sein Klient Hofbauer (Markus Völlenklee in einer wunderbaren Paraderolle als bauernschlaues bayrisches Urgestein) noch den letzten Nerv raubt.

Am Ende siegt die Liebe und nicht der Witwen Geld - erst der Schlussapplaus schreckt den Doktor und Witwe Gisela, halb überm Kanzlei-Schreibtisch liegend, aus ihrem innigen Kuss.

Unter dem glitzernden Prosit-Neujahr-Schild des Bernburger Theaters empfing das hochkarätige, bestens aufgelegte Ensemble aus München den wohlverdienten langen Applaus und wünschte seinem Publikum ein glückliches, zufriedenes und lachendes 2007.