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In den Dörfern bei Güsten formiert sich der Protest

Von DETLEF VALTINK 17.05.2010, 16:15

GÜSTEN/MZ. - In Giersleben hat sich vor wenigen Tagen die "Bürgerinitiative für Lebensqualität und nachhaltige Landwirtschaft - gegen Deutschlands größte Massentierhaltung" (BI) gegründet. Zunächst sind es 20 Gründungsmitglieder, die sich wöchentlich treffen, um Zielstellungen und angemessene Aktivitäten abzusprechen und zu organisieren. Die BI wendet sich gegen die Pläne der Betriebsgemeinschaft Schackenthal KG und der Agrargenossenschaft eG Ilberstedt, im Areal zwischen Güsten, Schackenthal, und Plötzkau Massentierhaltungsanlagen für 450 000 Legehennen, 150 000 Junghennen und 30 000 Schweine zu bauen (die MZ berichtete).

"Wir wollen so schnell wie möglich in der Lage sein, mit Argumenten gegen diese Pläne anzugehen", erläutert Dr. Klaus Gerner, 1. Sprecher der BI, die Aufgaben der nächsten Tage und Wochen. Dazu gibt es am Donnerstag, 20. Mai, ab 19 Uhr im Bürgerhaus Güsten ein öffentliches Forum, in dessen Ergebnis sich Klaus Gerner wünscht, dass es nicht nur eine große Resonanz gibt, sondern sich weitere Mitstreiter finden, mit deren Hilfe es gelingt, den Investoren auf gleicher Augenhöhe zu begegnen. "Massentierhaltung in dieser Kombination ist in Deutschland einmalig", ist der BI-Sprecher überzeugt.

Darum soll nach Wegen gesucht werden, wie künftig über den Umfang und die Tragweite der geplanten Anlagen informiert werden kann. Wenn notwendig, will die BI auch rechtliche Schritte einleiten. So ist grundsätzlich jeder in der BI willkommen, der der Meinung ist, dass die Geschichte so nicht geduldet werden kann und sich dagegen auflehnen möchte. Mit großer Unterstützung aus den Rathäusern und Amtsstuben rechnen die Gründungsmitglieder derzeit aber nicht. "Es hat uns betrübt und enttäuscht, dass erst sehr spät entsprechende Informationen aus den Ämtern in die Öffentlichkeit gebracht wurden", meint Klaus Gerner. Die BI-Mitglieder sind verärgert, dass offensichtlich in der Verbandsgemeinde Saale-Wipper bereits der Schulterschluss mit den Investoren vollzogen wurde und die Verwaltung fatalistisch und hilflos gegen die Planungen nichts tun wolle. Dazu Klaus Gerner: "In anderen Bundesländern setzen sich schon bei kleineren Anlagen Bürger und Politiker gemeinsam zur Wehr. Dort finden sich im Interesse der Bürger Wege, so etwas zu verhindern."

Auch den Absichtserklärungen der Investoren - Biogasanlage, keine Kotlagerung am Standort, Brunnen, Abluft- und Gaswäsche, gasdicht geschlossene Gärrestendlager u. a. - wird in der BI nur wenig Glauben und Akzeptanz entgegengebracht.

Denn die Geruchsbelästigungen (die MZ berichtete) durch die "kleinen" Schweinmastanlagen in Neundorf und Hecklingen sind der BI allgegenwärtig. So könnten nach Schätzungen künftig bei den rund 600 000 Tieren in der Woche rund 1 000 Tonnen Kot in den Ställen anfallen, der - egal wie und wohin - befördert werden muss. Dann, so vermutet die BI, kriecht voraussichtlich einen Dunstwolke in Richtung Güsten, Amesdorf, Warmsdorf, Giersleben, Osmarsleben, Bründel und Plötzkau. Befürchtet werden zudem Belastungen durch Überdüngung, Emissionen, Medikamente, Feinstaub u. a. für das Grundwasser im Naturschutzgebiet Wippertal.

Respekt besteht auch vor den Milliarden Keimen, die allein von den Hennenanlagen in der Stunde "produziert" werden. Selbst wenn außerhalb der warmen Stallluft die Bakterien schnell absterben würden, würden deren Toxine, ebenso wie Viren, Pilze und deren Giftstoffe, erst beim Zerfall der Mikroben frei. "Die können dann bis zu 50 Kilometer weit vom Wind getragen werden", so der BI-Sprecher. Es sei jetzt an der Zeit, die Gigantomanie zu verlassen und sich frühzeitig zu wehren.

"Alle, auch die gewählten Abgeordneten, müssen sich der Tragweite der Planungen bewusst werden", ist Klaus Gerner überzeugt. Bei den Bürgern der unmittelbar betroffenen Gemeinden sind die Bemühungen der Bürgerinitiative bereits auf fruchtbaren Boden gefallen. So hat es den BI-Sprecher überrascht, dass schon etliche Interessenten an seine Tür geklopft haben, sich Flyer zur Verteilung und auch Unterschriftenlisten abgeholt haben.

Als Ansprechpartner in den Gemeinden stehen für Interessenten folgende BI-Mitglieder zur Verfügung: Amesdorf (Wolf-Dietmar Beinroth), Bründel (Uwe Saupe), Giersleben (Peter Rietsch), Güsten (Michael Rose), Plötzkau (Peter Rosenhagen), Warmsdorf (Dr. Klaus Gerner). Ein öffentliches Forum findet am Donnerstag, 20. Mai, ab 19 Uhr im Bürgerhaus Güsten statt.